Schokolade trifft Ingenieurskunst
Was haben Schokolade und Ingenieur:innen gemeinsam? Eine ganze Menge, wie der Probier-Vortrag des Bergischen Bezirksvereins eindrucksvoll zeigte. Fast 750 Kinder tauchten in den acht Veranstaltungen ein in die Welt der Pralinen, lernten spannende Fakten über Schokolade und durften vorab zugesandte Leckereien probieren.
Mit einem außergewöhnlichen Adventsprogramm verabschiedete sich der VDIni-Club und die VDI-ZukunftsPiloten in die Feiertage. Diese Veranstaltungen fanden unter der Leitung von Sarah Galleguillos Kempf und mit tatkräftiger Unterstützung des Bergischen Bezirksvereins statt. Fast 750 Kinder und Jugendliche nahmen an einem interaktiven Online-Probier-Vortrag teil, der sich um ein süßes Thema drehte: Pralinen und Trüffel.
Gleich zu Beginn wurde die spannende Frage gestellt: Was hat ein eine Ingenieurin oder ein Ingenieur eigentlich mit Schokolade zu tun? Die Antwort lieferte das einstündige Webinar: sehr viel, denn sie machen es noch „leckerererer“! Lebensmittelchemie, Produktionsprozesse und Materialwissenschaft sind entscheidend, um die perfekte Praline zu entwickeln. Hier wird gerechnet, an Grundlagen geforscht, viel probiert und aus Fehlern gelernt. Damit ist es aus Sicht von Sarah Galleguillos Kempf ein toller Job. Immer wieder ließ die Leiterin einfließen, wo überall sonst noch Ingenieurinnen und Ingenieure ihr Know-how einbringen und dass es neben rechnen, planen und Grundlagen erforschen auch viele kreativere Bereiche gibt, wie das Industriedesign, dank dem die Pralinen nicht an den Fingern kleben und die richtige Textur für vollen Geschmack haben.
Ein Paket voller Überraschungen
Bereits vor der Veranstaltung erhielten die angemeldeten Kinder ein Probierpaket mit fünf Umschlägen zu je vier einzeln verpackten Proben. Gemeinsam wurden die Päckchen während des Vortrags geöffnet – ein interaktives Highlight, das die Veranstaltung zu einem Erlebnis machte.
Der Vortrag startete mit einer kleinen Geschmacksreise: Wo auf der Zunge schmeckt man Süßes am besten? Wie beeinflussen Zutaten wie Kakaobutter und Zucker den Geschmack? Welche Füllung bringt das gewisse Extra?
„Echt legga, die rosa Schokolade!“ bewerten die Kinder im Chat. Denn zu Beginn wurden die Grundstoffe probiert. Viele überraschte, dass es zwar drei Schokoladensorten gibt, aber nicht wie erwartet helle, dunkle und weiße (die ist nämlich nur ein Kakaoerzeugnis und genau genommen keine Schokolade), sondern rubinrote. Die Ruby-Schokolade ist nicht nur optisch ansprechend, sondern auch geschmacklich besonders.
Weniger Begeisterung lösten einige der Füllungen, wie Marzipan aus. Auch bei Sarah Galleguillos Kempf, die trotz offensichtlicher Abneigung mutig probierte und den potenziellen Ingenieurinnen und Ingenieuren von morgen viel über die Unterschiede der Zutaten beibrachte und deren Eigenschaften erlebbar machte.
Von Zuckermandel bis Trüffel: Einblicke in die Welt der Pralinen
Auch die Definition von Pralinen kam nicht zu kurz: Bissgerecht, mit mindestens 25 % Schokolade und dem gewissen Extra – in Form von kreativen Füllungen und Dekorationen. Die Ausnahme dürfen nur historische Pralinen bieten, wie die „Rosa Praline von Lyon“. Auch die durfte von den Kindern verkostet werden und war eine glänzende rosa Zuckermandel. Ganz ohne Schokolade.
Ganz nebenher lernten die Teilnehmenden auch noch, dass das auch leckere aber weniger edle Konfekt, klug berechnet wird. Oft liege der Schokoladenwert hier nur knapp unter den für Pralinen vorgeschriebenen 25 %. Warum? Weil es damit im Export nicht als Luxusgut verzollt wird, wie die edlere Praline.
Der krönende Abschluss: Die Dubai-Praline
Als Abschluss wartete ein ganz besonderes Trend-Highlight: Eine prachtvoll verzierte Dubai-Praline mit goldenem Glitzerzucker und Engelshaar. „Es war echt super. Am besten fand ich die unterschiedlichen Füllungen und dass sie die Pralinen noch leckererer machen“, berichtete Teilnehmerin Alva am Ende der Veranstaltung.
Es kam auch direkt die Frage auf: „kann man auch süsigkeiten ijinör werden, bonnbon injinör meine ich [sic]“? Die Antwort lautet ja: Lebensmittelingenieur mit Schwerpunkt Süßwaren oder einen der über 200 verschiedenen anderen Ingenieurberufen, wie der Maschinenbau-Ingenieurin, die sich um die Herstellung der Bonbonmaschine kümmert, der Verfahrenstechnik-Ingenieur, der die Abläufe optimiert oder der Agraringenieur, der sich um den Anbau und die Ernte der Rohstoffe kümmert.
Mit diesem gelungenen Adventsabschluss zeigte der VDIni-Club und die VDI-ZukunftsPiloten wie Ingenieurwissenschaften Kinder und Jugendliche begeistern können – ganz altersgerecht und sehr „legga“.
Autorin: Gudrun Huneke
Ihre Ansorechparterin im VDI:
Angela Inden
Nachwuchs-Clubs
E-Mail: inden@vdi.de
"Wir sind von großartigen Dingen umgeben; überall ist Ingenieurskunst drin."
Sarah Galleguillos Kempf im Interview
VDI: Wie finden Sie Themen, die die Kinder ansprechen, wie hier für den Pralinen- und Schoko-Probiervortrag?
Sarah Galleguillos Kempf: Die Frage kriege ich öfters - dabei ist die Antwort recht einfach: Ich schaue mich um. Wir sind von soooo vielen großartigen Dingen umgeben, Erfindungen, die wir als selbstverständlich wahrnehmen; überall ist Ingenieurskunst drin. Ich habe schon vorgetragen über verschiedene Werkstoffe wie Papier, Stoffe, Metalle,.. aber auch über Zerteilungstechnik (inspiriert durch die Schere), Obsternte (Frühstücksapfel auf dem Schreibtisch), Büromaterial (kleine Dinge ganz groß - ohne Büroklammern geht nichts), Einheiten (Sekundenzeiger an der Uhr), Wärme (am heißen Kaffee die Zunge verbrannt),... Meine Augen leuchten bei der Aufzählung, und man hört die Begeisterung - ich habe einfach nie aufgehört, neugierig zu sein.
VDI: Was war die größte Herausforderung für diese Reihe?
Sarah Galleguillos Kempf: Seit wir 2020 auf Online-Vorträge mit Mitmachpäckchen umgestellt haben, sind die Exponate natürlich in ihrer Größe beschränkt. Ich kann keinen Traktor eintüten und verschicken, aber ich kann das Prinzip eines Roders und Schar mit einem Kamm erklären, der nicht durch Haare, sondern durch Erde fährt. Mir hilft, dass es sehr genaue Vorgaben gibt: Ein halbes Jahr im Voraus lege ich Themen und Termine fest, daraus ergibt sich Material oder Vergleichsstücke, diese müssen in Großmenge besorgt werden in einem wirklich engem finanziellen Rahmen, diese werden einzeln aufgeteilt - bei Lebensmittel ist Haltbarkeit und Hygiene zu beachten, thematisch wird in Umschläge sortiert, diese müssen ins Päckchen passen, Briefmarke und Adresse drauf und dann rechtzeitig zur Post. Diesmal war es mit so vielen Teilnehmern echt viel - und wegen der Lebensmittelhygiene darf nicht jeder alles packen, und wenn, dann nur unter strengen Auflagen.
VDI: Was motiviert Sie, so viel Zeit und Engagement zu investieren?
Sarah Galleguillos Kempf: Die Kinder. Die Fragen. Die neuen Themenvorschläge von den Kindern. Sätze wie "Wenn ich groß bin, werd ich auch Ingenieur" oder Komplimente wie "Du weißt ja fast so viel wie die Maus." Auch die Feststellung "dann kann ich ja doch Ingenieur werden" – ob das Hindernis jetzt der Schulabschluss ist (dafür gibt es die Möglichkeit des zweiten Bildungswegs – man muss sich auf den Hosenboden setzen, aber es ist möglich); eine Einschränkung – das ist mittlerweile zum Glück kein Hindernis mehr, um Ingenieur oder Ingenieurin zu werden, es ist allerdings mit ein bisschen Mehraufwand; und natürlich Aussagen wie "Das ist doch kein Beruf für Mädchen" oder auch "Mit deinem Namen willst du Ingenieur werden? " – ich kann aus eigener Erfahrung sagen: JA, DAS GEHT!
Und natürlich motiviert auch das Team, das das Ganze möglich macht: Angela Inden von der Hauptgeschäftsstelle mit direktem Kontakt zu allen Jungmitgliedern deutschlandweit und dem großen administrativen Aufwand, vor allem nachdem die Wartelisten mehrfach übergelaufen sind; M.Sc. Nele Gardner, Vorstand Bergischer Bezirksverein mit Ihrem Vertrauen in mich "du machst das schon - und du sagst was, wenn du Hilfe brauchst"; Kassenwart Dr.-Ing. Uwe Kaiser für kurzfristige Freigabe von Mitteln zur Überbrückung für die Zusatzveranstaltung (die Hauptgeschäftstelle übernimmt den Pralinenvortrag, aber die Masse in Material musste trotzdem erst einmal ausgelegt werden); Simone Hagedorn, Seele der Geschäftstelle, für alle möglichen kurzfristigen Fragen und Hilfestellung inklusive der Organisation einer "menschlichen Packstraße" und Dipl.-Ing. Alexander Kloppenburg, auch bekannt als "die Technik", für die Bereitstellung von Backup-Laptop, Kamera, Monitor,... und jede Menge Zeit& Nerven! Die mögen mich alle noch. Aber wir sind auch alle ganz froh, jetzt erst einmal eine kurze Verschnaufpause zu machen - der nächste Online-Vortrag durch den Bergischen Bezirksverein ist Ende Januar, und da erwarten wir nicht ganz so viele Kinder, weil dann auch die lokalen Clubs in den einzelnen Regionen wieder viele reale Veranstaltungen haben.