Wege, um dem Stau zu entgehen
Städteplaner haben es nicht leicht: Sie müssen attraktive, umweltfreundliche Lösungen finden, um zu erreichen, dass immer weniger Menschen mit ihren Autos in die City fahren. Umso gefragter sind alternative Mobilitätsansätze wie urbane Seilbahnen.
Überall hinzugelangen, egal zu welcher Tageszeit, ist ein wahrer Luxus. Den möchten die meisten Menschen nicht missen. Viele von ihnen setzen sich nicht ins Auto, sondern nutzen öffentliche Bahnen und Busse. Das sollte eigentlich den Verkehr entlasten. Tatsächlich jedoch entstehen Menschenschlangen in den Abteilen und Waggons des Nahverkehrstransports. Der eine oder andere Fahrgast setzt sich dann doch lieber ins Auto. Dadurch sind die Haupt- und Nebenstraßen am Ende oft verstopft.
Eine Lösung, mit der sich die Situation entschärfen lässt, stellen Seilbahnsysteme dar: Sie bewegen sich auf einer eigenen Ebene, schweben sozusagen in der Luft, wodurch sie weder mit anderen Verkehrsteilnehmern konkurrieren noch in einem Stau stecken bleiben. Darüber hinaus lassen sich Seilbahnsysteme verhältnismäßig rasch planen und erstellen. Neue S- und U-Bahnstrecken zu bauen, ist hingegen weitaus aufwendiger. Des Weiteren fallen hierbei am Ende die Kosten deutlich höher aus.
Pendelbahnen und Umlaufseilbahnen
Bei Seilbahnsystemen unterscheidet man zwischen Standseilbahnen und Seilschwebebahnen. Bei Letzteren gibt es zwei Ausprägungen: die Pendelbahnen und die Umlaufseilbahnen. Der für den Hin- und Her-Transport entscheidende Unterschied liegt darin, dass Fahrgäste bei Pendelbahnen an den jeweiligen Stationen warten müssen, wohingegen Umlaufseilbahnen sogenannte Stetigförderer sind. Schließlich setzt das System auf einen Kreislauf: Sobald die Gondel an der Station angekommen ist, geht es umgehend weiter oder an den Endstationen auf der Gegenseite wieder zurück.
Eine populäre Pendelbahn ist die Roosevelt Island Tramway in New York, mit der man von Manhattan in fünf Minuten zu einer ruhig gelegenen Insel gelangt. Das Gondelsystem existiert seit 1976 und wurde 2010 modernisiert. Eine bekannte Umlaufseilbahn befindet sich in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon: Anlässlich der Weltausstellung Expo ‘98 wurde eine Gondelbahn gebaut, mit der man einen über 1.200 Meter langen Weg hinter sich bringt und so vom Bahnhof bis zum Park der Nationen kommt.
Diese Beispiele zeigen: Seilbahnen eignen sich optimal, um Menschen von A nach B zu transportieren. Allerdings könnten sie „nicht die Leistung herkömmlicher Nahverkehrsangebote bewältigen“, heißt es im aktuellen VDI-Statusreport „Urbane Seilschwebebahnen“. Das mag auch der Grund dafür sein, dass man innerhalb Deutschlands bislang wenige städtische Seilbahnsysteme vorfindet. Die zwei bekanntesten befinden sich in Köln und Koblenz; beides Überbleibsel ehemaliger Bundesgartenschauen. Darüber hinaus findet man Gondelbahnen meist in Bergdörfern und Skigebieten.
Geringere Schadstoffemissionen
Seilbahnen sollten Städteplaner auf keinen Fall als reine Lösung für Touristenströme erachten. Denn der Statusreport hebt hervor, dass urbane Seilschwebebahnen „im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln“ innerhalb der City „geringere Schadstoffemissionen“ bewirken. Da die Beförderung weitaus leiser vor sich geht, entlasten derartige Verkehrssysteme auch die Umgebung. „Lediglich im Bereich der Stützen verursachen Überfahrten Lärmbelastungen für Anwohner*innen“, so die Autoren des Statusreports.
Selbstverständlich hat der Bau einer Seilschwebebahn seine Schattenseiten. Eine etwa ist, dass Städteplaner beachten müssen, wo sie Sicherheitstrassen für etwaige Notfälle schaffen. Hierzu muss ein Baumpflegedienst mitunter den einen oder anderen Baum in der Umgebung fällen. Und dem muss erst einmal der Umweltbeauftragte der jeweiligen Kommune zustimmen. Nichtsdestotrotz ist hervorzuheben, wie wenig Unfälle tatsächlich zu erwarten sind: „Wesentliche Vorteile ergeben sich […] aus dem automatisierten Betrieb und der als ausgereift geltenden Technik“, ist dem Statusreport zu entnehmen.
Seilbahnen bringen Vorteile für Pendler und Bummler
In München haben SPD-Politiker vergangenen Sommer angeregt, eine Seilschwebebahn zu bauen. Diese soll den öffentlichen Nahverkehr in Richtung München entlasten respektive erweitern. Dies betrifft vor allem den Pendlerverkehr. Menschen, die im benachbarten Ortsteil Pasing leben und in der Münchener Innenstadt arbeiten, würden dadurch eine 6,4 Kilometer lange Strecke in voraussichtlich 15 Minuten hinter sich bringen, ohne im Stau zu stehen. Kommt das Transportsystem gut an, könne man die Strecke ausbauen, heißt es seitens der SPD.
Vor dem Hintergrund, dass sich aktuell der Handelsverband Deutschland (HDE) darum bemüht, mit einer halben Milliarde Euro aus Mitteln des Städtebauministeriums das Sterben der Innenstädte zu verhindern, gewinnen urbane Seilbahnen noch mehr an Bedeutung. Dienen sie, wie bereits angemerkt, meist touristischen Zwecken, so könnten sie nun dafür sorgen, einkaufslustige Schaufensterbummler schneller und gezielter in die City zu transportieren. Denn wer mit dem Auto in die Innenstadt fährt, muss schließlich zunehmend höhere Parkgebühren zahlen.
Der Vorteil urbaner Seilbahnen liegt auf der Hand: Fahrgäste gelangen flott und in entspannter Weise von A nach B, da der Verkehr keinen Störungen unterliegt. Nichtsdestotrotz gibt es Stimmen, die Trassen in der Luft dahingehend kritisieren, sie würden einen allzu intensiven Schattenwurf mit sich bringen. Darüber hinaus lässt es sich kaum vermeiden, dass das eine oder andere Privatgrundstück in der Umgebung betroffen ist. Welche Konsequenzen dies tatsächlich hat, darauf geht auch der Statusreport ein. Letztlich hängt dieses Verkehrskonzept wie jedes andere davon ab, inwiefern es die Bevölkerung akzeptiert. Tatsächlich haben viele Bürgerentscheide dafür gesorgt, dass etliche Projektideen in der Schublade verstauben. Und dies müsste nicht sein.
Autor: Frank Magdans
Ansprechpartner beim VDI:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik
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