Unter den Wolken
Wer das Wort Flugtaxi hört, dem kommt vermutlich sofort der Science-Fiction-Film „Das fünfte Element“ in den Sinn: In einer Szene liefert sich Protagonist Korben Dallas (Bruce Willis) mit seinem Flugtaxi eine wilde Verfolgungsjagd inmitten einer Hochhausschlucht.
Solch ein actionreiches Szenario haben die Ingenieure bei Airbus sowie an der RWTH und der FH Aachen zwar nicht vor Augen, dennoch dürfte sie der Streifen in gewisser Weise inspiriert haben. Tatsächlich haben nämlich viele Projekte ihren Ursprung im Science-Fiction-Genre. Allerdings hat die Entwicklung von Airbus‘ Helikopter sehr wenig mit einem Flugtaxi wie in Luc Bessons „Das fünfte Element“ (1997) gemeinsam.
Der sogenannte „City Airbus“ ist schließlich kein fliegendes Auto ohne Räder, vielmehr gleicht es einem Hubschrauber, auf dessen Dach anstelle des Propellers vier Ringe angebracht sind, in denen sich insgesamt acht Rotoren befinden. Der Anblick mutet durchaus futuristisch an, auch wenn es sich selbstverständlich um kein Science-Fiction-Szenario handelt.
Kurze Punkt-zu-Punkt-Verbindungen nutzen
Was wären mögliche Einsatzgebiete für ein Flugtaxi? Denkbar ist, dass Geschäftsleute so vom Flughafen in die City gelangen. Orte, in denen Flugtaxis gefragt wären, sind in erster Linie Großstädte, eher sogar Metropolen wie New York oder Singapur. Doch in diesen Städten findet man bereits eine optimale Verkehrsinfrastruktur vor. Dies liegt daran, dass man das Thema allzu sehr im Kontext der Urban Air Mobility ansiedelt.
Professor Christian Arbinger, Geschäftsführer der DiMOS Operations GmbH, die sich auf automatisierte und multimodale Mobilität spezialisiert, hält eher Anbindungen vom Umland in eine Stadt als sinnvoll: „Ich sehe ein Anwendungsgebiet in der Rural Air Connectivity. Denn ich selbst wohne im oberen Inntal im Landkreis Rosenheim, an der Grenze zu Tirol in Österreich. Wenn ich zum Flughafen muss, brauche ich mit dem Auto bestenfalls anderthalb, mit öffentlichen Verkehrsmitteln über zwei Stunden. Hier könnte ein mehrsitziges, elektrifiziertes Air Taxi deutliche Verbesserung bringen“. Das stimmt, zumal in Deutschland rund 350 Flugplätze existieren, die kurze Punkt-zu-Punkt-Verbindungen darstellen.
Wie sicher ist ein Flugtaxi?
Flugtaxis einzusetzen, ergibt zunächst deswegen Sinn, da Ansätze gefragt sind, die den Straßenverkehr und die Umwelt entlasten. Und eine bessere Anbindung an regionale Flugplätze erscheint durchaus praktikabel. Allerdings stellt sich in diesem Fall unweigerlich die Frage, wie sicher Flugtaxis sind. Das bezieht sich nicht nur auf den Transport der Fahrgäste, vielmehr bedeutsam ist die Verkehrsordnung: Müssen deswegen Städteplaner nicht sogar mehr Platz und eine noch bessere IT-Infrastruktur bereitstellen?
„Im Bereich Safety hat die klassische Luftfahrt hohe Standards gesetzt, die jetzt, in der richtigen Dosis für den unkontrollierten Luftrauch, auch bei Flugtaxis zum Einsatz kommen können und so die Rahmenbedingungen für die zulassungsfähige Technologieentwicklung setzen können“, sagt Arbinger. Dies gelte sowohl für das Fluggerät als auch für die operative Zulassung. Im Bereich Cybersecurity ist seiner Ansicht nach „sicher auch noch Entwicklungsbedarf“. Um Fortschritte zu erzielen, könnten der Betrieb und Serviceerbringung von kritischen Infrastrukturen, wie dem Europäischen Globalen Satellitennavigationssystem Galileo, Vorbildfunktion haben.
Einen sicheren Datenraum schaffen
„Für die Gesamtsicherheit wird auch die operationelle Umgebung, in der das Flugtaxi fliegen soll, eine wesentliche Bedeutung haben. Die genaue und integre Navigation, die robuste und cybersichere Kommunikation von und zu dem Flugtaxi sowie hyperlokale Wetterbedingungen und auch geografische Schutzzonen sind von zentraler Bedeutung hierfür“, so Arbinger. Es gelte demnach einen sicheren Datenraum für Kommunikations-, Navigations- und Überwachungsdaten zu schaffen.
Wichtige Referenzen sind hier der Datenraum Mobilität, der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur vorangebracht wird, sowie die geplante EU Datencloud Gaia-X, eine Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums. Im Sinne einer Datentreuhänderschaft würden diese Daten dann über einen Service-Provider validiert und authentifiziert an den Flugtaxi-Betreiber übermittelt. Bestenfalls können auch andere Verkehrsträger auf der Straße, auf der Schiene und im Wasser diese Daten nutzen.
In der Presse sieht man die Fortschritte der Air-Taxi-Hersteller eher auf Show-Case-Basis als auf Use-Case-Basis. Für Arbinger wäre, wie eingangs erwähnt, die Rural Air Connectivity ein echter Use Case. „Die Herausforderungen für die Technologie sind später sicherlich die Zulassungen in der sogenannten Certified Category der EASA sowie die Reichweite und die geringen Lärmemissionen“, so Arbinger. Auch der Wirtschaftlichkeit, also wie viel der Transport mit einem Flugtaxi kostet, misst Arbinger große Bedeutung bei. Und das Geschäftsmodell VIP-Taxi sei ihm zufolge weniger erstrebenswert.
Aufklärungsarbeit ist von großer Bedeutung
Allerding sei Aufklärungsarbeit in erster Linie von großer Bedeutung. Science-Fiction nimmt diesbezüglich letztlich auch einen großen Stellenwert ein, da die dargestellte Zukunftswelt etliche Fragestellungen aufwirft: Wie ist der Verkehr geregelt? Wie effektiv und umweltverträglich ist die Technologie? Wie akzeptiert die Bevölkerung die Flugtaxis? All diese Aspekte zu berücksichtigen, ist grundlegend, denn für einen Großteil der heutigen Gesellschaft sind Flugtaxi-Szenen à la „Das fünfte Element“ einfach nicht akzeptabel. Derartige filmische Szenarien wirken einfach zu unsicher, da sie in erster Linie auf Action abzielen.
Letztlich ist es Aufgabe der Forschung und Entwicklung, einen Weg aufzuzeigen, der realistische und verlässliche Rahmenbedingungen zufolge hat, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu steigern. Anders setzt sich ein neuer Mobilitätsansatz wohl kaum durch.
Autor: Frank Magdans
Ansprechpartner im VDI:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik
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