Was sagen die Parteien zum Thema Energie und Klimaschutz?
Im Vorfeld der Wahl hat der VDI den Parteien Fragen zu vier technologieintensiven Zukunftsfeldern gestellt, auf die sich der VDI auch in seiner Zukunftsagenda fokussiert. Im Folgenden beziehen die Parteien Stellung zum Thema Energie und Klimaschutz. Prof Dr.-Ing. Harald Bradke, Vorsitzender des Interdisziplinären Gremiums Klimaschutz und Energiewende (IGKE) sowie Dr.-Ing. Jochen Lambauer, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt, ordnen die Antworten der Parteien zu diesem Thema ein.
Die Antworten der Parteien zu den weiteren Zukunftsfeldern Energie und Klimaschutz, Mobilität der Zukunft sowie Ressourceneffizienz und Circular Economy veröffentlichen wir in weiteren Artikeln. Sie sind außerdem als PDF abrufbar.
Frage 1: Ein wichtiger Baustein der Energiewende ist der schnellere Ausbau des regenerativen Energieangebots. Wie wollen Sie den Ausbau von Windkraft und Fotovoltaik sowie Speichertechnologien beschleunigen und welche Hemmnisse würden Sie dafür abbauen?
CDU und CSU wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidend voranbrin-gen. Dabei setzen wir auf einen intelligenten und diversifizierten Energiemix, der nachhaltig und sicher ist. Dazu gehört die Energiegewinnung aus Sonne und Wind genauso wie nachhaltige Biomasse, Wasserkraft und Geothermie im ländlichen Raum. Hierbei wird die Akzeptanz der Bevölkerung ebenso entscheidend für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sein wie Planungssicherheit und wenig Bürokratie.
Mit einem Sonnenpaket werden wir den Ausbau der Photovoltaik fördern. Genehmigungsverfahren für Photovoltaikanlagen wollen wir möglichst einfach über eine Onlineplattform gestalten. Wir fördern den naturverträglichen Ausbau von Wind onshore und offshore sowie das Repowering von Anlagen. Wir wollen im Rahmen der Europäischen Offshore-Strategie und des nationalen Wind-See-Gesetzes auch grenzüberschreitende Energiekooperationen eingehen.
Wir brauchen Energiespeicher, um die Schwankungen der Erneuerbaren Energie in wind- und sonnenschwachen Zeiten auszugleichen. Wir werden die dafür notwendige Technologieentwicklung und -umsetzung weiter fördern und prüfen, inwieweit wir den gespeicherten Strom von allen Umlagen und Entgelten befreien können.
Besonders unsere Handwerksbetriebe sind mit ihrer Expertise für die Energiewende entscheidend. Wir werden sie dabei unterstützen, genügend Fachkräfte auszubilden und zu gewinnen. Hier kommt es besonders auf Aus- und Weiterbildung im Bereich neuer Technologien an.
Wir werden den Ordnungsrahmen des Strommarktes weiterentwickeln. Ein wichtiger Teilbereich ist das Abgaben- und Umlagesystem, das derzeit vielen notwendigen Maßnahmen im Sinne der Energiewende wirtschaftlich entgegensteht. Wir wollen alle erneuerbaren Energien auf dem Markt entsprechend ihren Eigenschaften wirtschaftlich und unter Berücksichtigung des Umweltschutzes einsetzen. Das heißt die steuerbaren Energien Wasserkraft, Geothermie und Biomasse müssen ergänzend zu den volatilen Energien Sonne und Wind eingesetzt werden. Die Stromnetze wollen wir besser auslasten, indem wir die Digitalisierung nutzen, um Angebot und Nachfrage gezielter aufeinander abzustellen mit dem Fokus auf den Verteilnetzbereich. Ergänzend hierzu wollen wir Speicher stärker wirtschaftlich einsetzen.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass Genehmigungsverfahren schneller gehen und dass die Länder sich verpflichten, Fläche für den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung zu stellen. Wir werden die Akzeptanz in den Mittelpunkt stellen, denn wir glauben, dass eine solche Transformation nur gemeinsam gelingen kann.
Für Solarenergie wollen wir GRÜNE ab sofort einen Zubau von 10 bis 12 GW und für Windenergie an Land 5 bis 6 GW pro Jahr. Für Windenergie auf See gilt 35 GW bis 2035. Unser Ziel sind 1,5 Millionen neue Solardächer in den kommenden vier Jahren. Wir wollen Bürokratie für die Nutzung des Stroms vom eigenen Dach abbauen, Eigenverbrauch und Direktvermarktung stärken. Der Bau von Solarfreiflächenanlagen braucht bessere Rahmenbedingungen. Für den Windenergieausbau wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen.
Mit frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung, klaren Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie mit Ausschlussgebieten und gezielten Artenschutzprogrammen sorgen wir für eine naturverträgliche Standortwahl. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen wir durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche Bewertungsmaßstäbe. Die Nutzung von Speichern muss rentabel werden.
Wir Freie Demokraten wollen erneuerbare Energien vollständig in den Wettbewerb überführen und die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beenden. Ein steigender CO2-Preis wird fossile Energie weiter unattraktiv machen und dazu führen, dass der Zubau erneuerbarer Energien stärker nachfragegetrieben erfolgt. Dazu wollen wir Strom günstiger machen, indem wir die Stromsteuer senken und die EEG-Umlage aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung schrittweise abschaffen.
Wir wollen das Energierecht entbürokratisieren sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren entschlacken und digitalisieren. Schnellere Verfahren erleichtern den marktgetriebenen Ausbau erneuerbarer Energien und die schnelle Realisierung der dafür nötigen Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie Speicher.
Wir wollen den Ausbau von Speichern vorantreiben. Denn vor allem Stromspeicher sind eine Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende. Wir wollen Speicher daher als eigenständige Säule des Energiesystems rechtlich definieren und für einen wirtschaftlichen Betrieb von Abgaben und Umlagen befreien.
In unserem Bundestagsantrag zur letzten EEG-Novelle haben wir folgende Ausbaupfade bis zum Jahr 2030 gefordert: 525 TWh Ökostrom für eine 80-Prozent Ökostromquote; installierte Anlagenleistung 2030 nach Erzeugungsarten: 110 Gigawatt (GW) Wind an Land (onshore), 20 GW Wind auf See (offshore), 130 GW Photovoltaik (PV), 10 GW Biomasse, 5 GW Sonstige. Bis 2030 streben wir folgenden durchschnittlich jährlichem Zubau an installierter Anlagenleistung in den einzelnen Erzeugungsarten an (netto): 7 Gigawatt pro Jahr (GW/a) Wind onshore, 1,5 GW/a Wind offshore, 10 GW/a PV, 0,2 GW/a Biomasse. Wir befürworten bundeseinheitliche Vorgaben zum Artenschutz und erleichterte Bedingungen für Repowering bei Windkraft - beides muss dem Schutzbedürfnis von Natur und Anwohnern genauso entsprechen, wie dem Klimaschutz, welcher auf den Ausbau von Ökostromanlagen angewiesen ist. Die Standortkommunen müssen direkt und relevant - höher als derzeit - an den Einnahmen der Ökostrombetreiber beteiligt werden.
Frage 2: Wie wollen Sie den Transformationspfad zur Treibhausgasneutralität von Wirtschaft und Gesellschaft so gestalten, dass auf dem Weg dorthin Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Akzeptanz der Energiewende ausreichend berücksichtigt werden?
CDU und CSU wollen in diesem Jahrzehnt, die entscheidenden Schritte gehen, damit Deutschland bis 2045 ein klimaneutrales Industrieland wird. Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzen wir auf effiziente marktwirtschaftliche Instrumente als Leitinstrumente innerhalb eines Instrumentenmixes.
Wir setzen auf den Emissionshandel und kompensieren entstehende Mehrbelastungen mit gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität. Aufbauend auf dem europäischen Emissionshandel für Energie und Industrie wollen wir den europäischen Emissionshandel im Luftverkehr stärken und in weiteren Sektoren wie Mobilität und Wärme sowie dem Schiffverkehr so schnell wie möglich etablieren. Davon ausgehend streben wir einen umfassenden europäischen Emissionshandel mit einheitlichem Preis und globaler Anschlussfähigkeit an. Wir wollen den Aufwuchspfad der CO2-Bepreisung straffen und so schnell wie möglich zu einem Europäischen Emissionshandel für Mobilität und Wärme übergehen. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben.
Als erstes schaffen wir die EEG-Umlage ab. Zudem werden wir die regulatorischen Kosten senken. Mit Blick auf die Wettbewerbssituation unserer Industrie brauchen wir einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis.
Jedem Marktteilnehmer wollen wir die Möglichkeit geben, von der Energiewende zu profitieren. Beginnend bei der Energiewende vor Ort sollen sowohl Unternehmen als auch private Haushalte ihren Beitrag leisten können, ob als Produzent oder Verbraucher oder beides. Dafür haben wir auch schon kommunale Beteiligungsmöglichkeiten an Windkraft und PV-Anlagen geschaffen. Wir wollen den Verteilnetzbetreibern ermöglichen, aus der Aufgabe, die Netze unter diesen Voraussetzungen stabil zu halten, ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Zudem liegen Möglichkeiten zur Erhöhung der Energieeffizienz im Anlagen- und Gebäudebereich noch brach. Diese gilt es zu heben. Aus der regionalen Vielfalt, der Aufnahme von Forschungsergebnissen und dem individuellen Handlungsspielraum heraus wird die Akzeptanz für die Energiewende wachsen und bezahlbar werden.
Der massive Ausbau von erneuerbaren Energien ist für uns GRÜNE die Basis für die Transformation. So können wir unsere Energieversorgung komplett auf Erneuerbare umstellen und für sauberen, sicheren und bezahlbaren Strom sorgen. Es bedarf auch einer Reform unseres Strommarkts, den wir auf die Erneuerbaren ausrichten wollen. Mit Preissignalen sorgen wir dafür, dass der Verbrauch dann stattfindet, wenn sauberer Ökostrom in großen Mengen vorhanden ist. Das setzen wir um mit einer umfassenden Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern beim Strompreis und sorgen damit für bezahlbare und wettbewerbsfähige Strompreise.
Der Ausbau der Erneuerbaren genießt bereits große Unterstützung in der Bevölkerung. Um das zu stärken, wollen wir die Bürger*innen aktiv bei der Energiewende teilhaben lassen. Möglichst viele sollen vom sauberen Ökostrom profitieren. Daher wollen wir die Rahmenbedingungen für Bürgerenergie stärken. Außerdem sollen Kommunen an den Erlösen der Windkraft- oder Solaranlagen beteiligt werden.
Wir Freie Demokraten fordern einen marktwirtschaftlichen Klimaschutz, der verbindliche Klimaschutzziele setzt, jedoch Freiräume bei deren Umsetzung einräumt. Wir wollen einen alle Sektoren einschließenden Emissionshandel einführen. Mit einem Treibhausgasdeckel erfüllen wir unseren Beitrag zur EU-Klimaneutralität bis 2050. Durch den Emissionshandel werden die Treibhausgasemissionen dort reduziert, wo die geringsten Kosten entstehen. Gleichzeitig werden wirksame technologieneutrale Innovationsanreize gesetzt. Die Einnahmen aus der Versteigerung der knappen Emissionsberechtigungen wollen wir für die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger vor steigenden Energiepreisen einsetzen. So soll die Stromsteuer gesenkt, die EEG-Umlage abgeschafft und eine Klimadividende an alle Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden.
Die Klimaziele der Energiewirtschaft erreichen wir durch den europäischen Emissionshandel. Wir werden auch die Ziele Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit stärker in den Fokus rücken. Dazu wollen wir die Energiewende durch mehr Wettbewerb und weniger staatliche Detailsteuerung insgesamt effizienter gestalten und Kosten senken. Die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) möchten wir beenden. Kohle- und Atomausstieg stellen durch das Abschalten gesicherter Kraftwerksleistung neue Herausforderungen für die Versorgungssicherheit. Einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen können flexible Erzeugungs- und Speichertechnologien leisten.
Klimagerechtigkeit - lokal wie global - bedeutet für uns:
a. Forcierte Energiewende durch beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien bei schnellerem Ausstieg aus fossiler Erzeugung (insbesondere Kohleausstieg bis 2030); klare rechtliche Vorgaben und Anreize für einen effizienten Energieeinsatz (auch von Ökostrom) sowie Energieeinsparung.
b. Gerechtigkeit in der Energiewende: Schieflage bei der Verteilung der Energiewendekosten korrigieren (u.a. weniger Industrierabatte bei EEG-Umlage & Co.); Verbot von Strom- und Gassperren; Energiewende nicht von den Konzernen kapern lassen; Fokus auf Bürgerenergiewende statt auf Energie- oder Wasserstoffimporte, bessere Beteiligung der Kommunen am Ökostromausbau.
c. Einstieg in eine sozial-ökologische Verkehrswende (Ausbau des ÖPNV/Bahn mit hoher Qualität bei niedrigeren Ticketpreisen; weniger Schwerlast- und motorisierter Individualverkehr; Förderung Rad- und Fußverkehr) und Wärmewende (u. a. mehr, aber gesichert warmmietenneutrale energetische Gebäudesanierungen, deutliche Fortschritte bei Wärmepumpen).
Frage 3: In einer "all electric" oder "more electric world" wird der Strombedarf langfristig infolge der Kopplung der Sektoren Strom, Mobilität und Wärme steigen. Welche politischen Rahmenbedingungen wollen Sie setzen, um Infrastrukturentscheidungen zukünftig ganzheitlich und systemisch zu regeln?
Stromnetze sind die Lebensadern der Energiewende. Sie sind Garanten für die Versorgungsicherheit Deutschlands. CDU und CSU wollen prüfen, wie wir im Bereich der Übertragungsnetze für mehr Kostenwettbewerb und beschleunigte Investitionen sorgen können. Wir wollen den Bau der notwendigen Stromleitungen beschleunigen. Wo immer möglich, sollen Trassen klug gebündelt und anwohnerverträglich realisiert werden.
CDU und CSU wollen die Forschung und Entwicklung von neuen Energieerzeugungsverfahren technologieoffen unterstützen. Wir müssen zu große Stromimportabhängigkeiten vermeiden. Zudem wollen wir unser Marktstammdatenregister zu einem digitalen, öffentlichen Echtzeit-Energiekataster weiterentwickeln. So wollen wir Investitionssicherheit schaffen und Genehmigungen vereinfachen. Angelehnt an das Prinzip des Grundbuches wird transparent, welche Energieprojekte aktuell am Netz sind und welche wann und wo zukünftig entstehen.
Wir werden den Ordnungsrahmen des Strommarktes weiterentwickeln. Ein wichtiger Teilbereich ist das Abgaben- und Umlagesystem, das derzeit vielen notwendigen Maßnahmen im Sinne der Energiewende wirtschaftlich entgegensteht und in der letzten Legislaturperiode an den Vorbehalten des Bundeswirtschaftsministers gescheitert ist. Damit würde die Sektorenkopplung den erforderlichen Spielraum erhalten. Insbesondere im Hinblick auf Infrastrukturentscheidungen wollen wir die Zusammenarbeit mit den Bundesländern vertiefen. Dafür fordern wir einen verbindlichen Pakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Neben dem Ausbau der Erneuerbaren ist der Strommarkt Dreh- und Angelpunkt der künftigen Welt mit 100 Prozent erneuerbaren Energien. Denn er verbindet die Nutzung des Ökostroms in den verschiedenen Sektoren. Wir GRÜNE wollen den Strommarkt reformieren und auf die Erneuerbaren richten. Das Kernelement ist Flexibilität: der Verbrauch soll dann stattfinden, wenn erneuerbarer Strom in großen Mengen und kostengünstig vorhanden ist. Das reizen wir mit Preissignalen an, also durch eine Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern. Es ist außerdem ein ausreichender Netzausbau notwendig, um den Strom dorthin zu transportieren, wo er am meisten gebraucht wird.
Wir Freie Demokraten wollen die Energiewende stärker als Gesamtsystem denken. Wir werden die Klimaschutzziele nicht erreichen, indem wir nur auf direkte Elektrifizierung auf Basis erneuerbaren Stroms in Deutschland setzen. Dennoch gehen auch wir von einem steigenden Strombedarf aus. Dazu wollen wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erzeugungsanlagen und Netze vereinfachen und beschleunigen. Neben Strom wird auch Erdgas auf absehbare Zeit eine weiterhin wichtige Rolle bei der Energieversorgung einnehmen. Darüber hinaus setzen wir uns für den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft ein. Dafür wollen wir die Netzplanung für Strom und Gas besser aufeinander abstimmen und setzen uns für eine technologieoffene Regulierung von Gasnetzen ein, die auch Wasserstoff umfasst.
Wir denken, dass der Strombedarf trotz Effizienzgewinnen aufgrund der Sektorenkopplung ansteigt und im Jahr 2030 bei etwa 650 TWh liegt. Dafür braucht es einen ambitionierten Ausbau Erneuerbarer Energien im Strombereich. Bei der Versorgungssicherheit steht Deutschland an der Weltspitze. Damit das so bleibt, müssen die Stromnetze und der Stromverbrauch an die neuen Formen der Stromerzeugung angepasst werden mit Hilfe von Stromspeichersystemen und dezentraler Steuerung sowie durch die Nutzung der Flexibilitätsoptionen von Industrieanlagen und privaten Stromspeichern. Die Stromnetze müssen zurück in öffentliche Hand, damit der Netzausbau sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert und nicht durch die Profitinteressen der Netzbetreiber zusätzlich erhöht wird.
Prof. Dr.-Ing. Harald Bradke und Dr.-Ing. Jochen Lambauer kommentieren die Antworten der Parteien
Seit dem Klimaschutzabkommen von Kyoto 1997 und der Klimakonferenz in Paris 2015 ist Deutschland schon ein gutes Stück in Richtung Klimaschutz vorangekommen - insbesondere bei der Stromerzeugung – aber bei weitem noch nicht weit und schnell genug, um die erforderlichen international verbindlichen Klimaschutzziele zu erreichen. Die Vorreiterrolle in diesem Bereich hat Deutschland inzwischen verloren, insbesondere in den Sektoren Verkehr und Raumwärme ist deutlich zu wenig geschehen. Große Teile der Bevölkerung und auch viele Industrieunternehmen haben dies erkannt und artikulieren sich zum Teil recht lautstark in der Öffentlichkeit.
Auch die VDI-Mitglieder haben hierzu eine deutliche Meinung: Laut der VDI-Umfrage zur Bundestagswahl 2021 halten mehr als 90% der über 9000 teilnehmenden VDI-Mitglieder Energie und Klimaschutz für das Zukunftsfeld mit dem dringlichsten politischen Handlungsbedarf. Die Waldbrandkatastrophen in USA und Europa, vor allem aber die Hochwasserkatastrophe bei uns in Deutschland haben deutlich vor Augen geführt, was wir schon in der nahen Zukunft immer öfter erwarten müssen, wenn wir beim Klimaschutz nicht zügig vorankommen. Entsprechend ist das Thema inzwischen auch bei den meisten Parteien angekommen und wird im Wahlkampf thematisiert.
Wie die Antworten der Parteien auf die Fragen des VDI zum Thema Energie und Klimaschutz zeigen, ist das Wissen zu den erforderlichen Schritten und politischen Instrumenten dort in hohem Maße vorhanden. Entscheidend ist in der kommenden Legislaturperiode die Umsetzung dieser Maßnahmen, die nicht alle schmerzfrei bleiben werden. Auch wenn Klimaschutz Geld kostet, kein Klimaschutz wird noch deutlich teurer.
CDU/CSU, SPD, GRÜNE und Die LINKE liegen hinsichtlich Zielen und Maßnahmen relativ dicht beieinander und in dem Bereich, den auch der VDI für erforderlich hält. So gehört für diese Parteien der Ausbau von Windkraftwerken und Fotovoltaik-Anlagen zu den wichtigsten energiepolitischen Herausforderungen der neuen Bundesregierung. Auch der Ausbau von Netzen, Speichern, Nachfragemanagement, ein neues Strommarktdesign und eine Bepreisung von CO2, z.B. über den europäischen Emissionszertifikatehandel, sind in Übereinstimmung mit dem VDI von den Parteien genannte wichtige Elemente. Damit diese in der erforderlichen Menge und Geschwindigkeit umgesetzt werden können, ist jedoch die Akzeptanz in der Bevölkerung erforderlich. Die Richtlinie VDI 7000 Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten - könnte hierbei sicherlich hilfreich sein. Auch die Genehmigungsverfahren müssen schneller werden, rechtssichere Verfahren, insbesondere auch bezüglich Naturschutz, sind als wichtige Maßnahmen von den Parteien erkannt.
Nur die FDP setzt ganz auf den Markt, der aber nur die kostenminimale Lösung in einer theoretischen, idealen Welt erzielen kann, wenn keine Marktunvollkommenheiten existieren und der Preis alle externen Kosten abbildet. Nach einer Berechnung des UBA müsste er bei einer über die Generationen gerechten Verteilung bei 680 €/t CO2 liegen, eine neue internationale Studie kommt auf Schadenskosten von bis zu 3.000 €/t CO2. Bei derartigen Preisen würde dann auch mit rein marktwirtschaftlichen Instrumenten die Energiewende zu schaffen sein, allerdings würde dies zu enormen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen führen, die nicht erstrebenswert sind.
Prof. Dr.-Ing. Harald Bradke
Vorsitzender Interdisziplinäres Gremium Klimaschutz und Energiewende (IGKE)
Dr.-Ing. Jochen Lambauer
Vorsitzender VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt
Ansprechpartner im VDI
Christian Krause
VDI-Büro Berlin
E-Mail-Adresse: krause_C@vdi.de