Was sagen die Parteien zum Thema Digitale Transformation?
Im Vorfeld der Bundestagswahl hat der VDI den Parteien Fragen zu vier technologieintensiven Zukunftsfeldern gestellt, auf die sich der VDI auch in seiner Zukunftsagenda fokussiert. Was sagen die Parteien auf unsere Fragen zum Thema Digitale Transformation?
Die Antworten der Parteien zu den weiteren Zukunftsfeldern Energie und Klimaschutz, Mobilität der Zukunft sowie Ressourceneffizienz und Circular Economy veröffentlichen wir in den kommenden Tagen. Sie sind außerdem als PDF abrufbar.
Das sagt der VDI in seiner Zukunftsagenda zum Thema Digitale Transformation:
Die digitale Transformation von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft wird in den 20er Jahren erheblich an Dynamik gewinnen. Die Nutzung von Daten rückt dabei viel stärker in den Fokus. Deutschland muss zunächst seine digitalen Kompetenzen und Zukunftstechnologien wie z.B. das Autonome Fahren oder Künstliche Intelligenz weiter auf- und ausbauen. Grundlage für diese Technologien und für die meisten innovativen digitalen Geschäftsmodelle sind Daten. Aus Sicht des VDI ist die Politik hier gefragt, einen Rahmen für die Datennutzung zu entwickeln, um Innovationen zu fördern.
Der VDI plädiert in seiner Zukunftsagenda unter anderem dafür, Datenverfügbarkeit, Interoperabilität und Vertrauenswürdigkeit zu Leitprinzipien einer intelligenten Datennutzung zu machen und die Harmonisierung der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu forcieren.
Frage 1: Die Corona-Pandemie hat in einigen Bereichen zuletzt einen wahren Digitalisierungsschub ausgelöst. In anderen Feldern, wie z.B. Bildung oder Gesundheit haben sich dagegen Defizite offenbart. Welche digitalpolitischen Themen stehen ganz oben auf Ihrer Agenda?
Es gibt einige digitalpolitische Themen, die von großer Bedeutung sind und weit oben auf der Agenda der CDU und CSU stehen. Dazu gehören unter anderem die Digitalisierung der Wirtschaft, Plattformregulierung, digitales Wettbewerbsrecht, Förderung von Startups und Gründungen, Datennutzung und Datenschutz, digitale Infrastruktur, digitale Bildung, Förderung von Deep Tech wie Quantencomputing oder Künstliche Intelligenz, Staatsmodernisierung und -digitalisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit und digitale Souveränität.
Die Covid-19-Pandemie hat wie in einem Brennglas die Stärken der Digitalisierung aber insbesondere auch die Schwächen der fehlenden Digitalisierung aufgezeigt, etwa im Bereich der digitalen Bildung, im Gesundheitswesen und in der digitalen Verwaltung. Lehren müssen sein:
- Konsequente Digitalisierung – zwar auf Basis hoher IT-Sicherheits- und Datenschutzanforderung, denn diese sind zentral für die Akzeptanz – aller gesellschaftlichen Bereiche und insbesondere Bildung, Gesundheit und Verwaltung.
- Kommunikation setzt nicht nur sichere, leistungsfähige und vertrauenswürdige Infrastrukturen wie Netze voraus – das muss weitergedacht werden: dazu zählen auch digitale Systeme wie Videokonferenzen und Kollaborationstools – und auch hier muss es darum gehen, Abhängigkeiten abzubauen und europäische Alternativen aufzubauen.
- Ein gutes Beispiel war die Corona-App – dezentral, in Zusammenarbeit mit Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft und auf der Basis von Open Source.
Grundvoraussetzung ist die sichere, leistungsfähige, flächendeckende und vertrauenswürdige digitale Infrastruktur: Bis zum Jahr 2030 muss Deutschland zur „Gigabit-Gesellschaft“ werden. Ein schneller, sicherer und leistungsfähiger Internetzugang ist im 21. Jahrhundert unverzichtbar – für mittelständische Unternehmen im ländlichen Raum, die oft global agieren, ebenso wie für Forschungseinrichtungen, Schulen oder die öffentliche Verwaltung. In dieser Legislaturperiode haben wir mit der Modernisierung des deutschen Telekommunikationsrechts regulatorische Hemmnisse für den Netzausbau abgebaut und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen geschaffen. Darüber hinaus haben wir 12 Mrd. Euro für den geförderten Ausbau investiert und wichtige Weichenstellungen und Zwischenschritte beim Aufbau von Gigabitnetzen erreichen können. Diese Ausbauförderung werden wir fortsetzen und die Versorgung aller Haushalte und Unternehmen mit einer Bandbreite von mindestens einem Gigabit pro Sekunde garantieren – durch konkrete, gesetzlich festgelegte Ausbau- und Versorgungsverpflichtungen und entsprechende Zwischenziele. Hier stehen auch die Netzbetreiber in der Verantwortung.
Dabei brauchen wir digitale Souveränität in Europa und eine selbstbestimmte Entwicklung und Herstellung der notwendigen Komponenten und Bauteile, damit nicht ausschließlich US- und chinesische Hersteller über den Erfolg und die Netzwerksicherheit digitaler Infrastrukturen in Europa entscheiden. Dafür wollen wir einen gemeinsamen Kraftakt in Europa, der eine gemeinsame europäische Entwicklung und Produktion solcher Komponenten strategisch und langfristig aufbaut. Wir setzen uns für eine gezielte und koordinierte Unterstützung der deutschen und europäischen Digitalwirtschaft auf allen Technologie-Ebenen und entlang der gesamten Wertschöpfungsketten ein, von der Halbleiter-Fertigung und der Quantentechnologie über die Cloud und Künstliche Intelligenz und Edge-Computing bis zu Cyber-Sicherheit, sicherer und vertrauenswürdiger Hard- und Software sowie Netzwerktechnik und datenbasierten Geschäftsmodellen.
Große Bedeutung für europäische Unternehmen kommt hierbei Open Source-basierten Modellen zu. Wir setzen uns für eine europäische Cloud-Infrastruktur ein.
Digitalisierung wollen wir GRÜNE so gestalten, dass sie gesellschaftliche Teilhabe, Freiheiten und ökologisch-soziale Innovationen ermöglicht. Digitalpolitik muss in der Bundesregierung stärker koordiniert und priorisiert werden. Verwaltungsverfahren müssen digital angeboten und zentral zugänglich sein. Dafür schaffen wir den mobilen Personalausweis auf dem Smartphone (Wallet-Lösungen) und mehr barrierefreies E-Government. Den DigitalPakt entwickeln wir zu einem echten gemeinsamen Vorhaben weiter, um zeitgemäße, digitale und datenschutzfreundliche Ausstattung für die Bildung zu ermöglichen. Vertrauen stärken wir durch höchste IT-Sicherheits- und Datenschutzstandards. Sozial-ökologische Innovationen wollen wir durch Förderungen und Stärkung von offenen digitalen Ökosystemen vorantreiben.
Die Corona-Krise hat wie ein digitalpolitisches Brennglas gewirkt. Sie hat bundesweit Digitalisierungsdefizite offengelegt und gezeigt, was die Bundesregierung und viele Länderverwaltungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten versäumt haben. Nachholbedarf wurden in zahlreichen Bereichen offengelegt - auch deshalb hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag in einem Antrag dargelegt, dass die Pandemie insgesamt als digitaler Weckruf verstanden werden muss, auf den mit einer umfassenden Digitalisierungsstrategie reagiert werden sollte (Vgl. BT-Drs. 19/24632). Ganz oben in der Prioritätenliste stehen Projekte, die auf struktureller Ebene den größten Unterschied machen, sodass sie auf die Digitalisierungsbemühungen hierzulande insgesamt einen Katalysatoreffekt haben. Dazu gehören: Erstens, die Schaffung klarer digitalpolitischer Projektsteuerungs- und Koordinationsstrukturen auf bundespolitischer Ebene durch Einrichtung eines Bundesministeriums für digitale Transformation. Zweitens, die Modernisierung und Entbürokratisierung der Verwaltung im Rahmen ihrer zügigen digitalen Transformation. Drittens, der flächendeckende Ausbau gigabitfähiger digitaler Infrastruktur, weil dies die Basis der digitalen Zukunftsfähigkeit unseres Landes in der Breite ist.
DIE LINKE will im Rahmen der überfälligen öffentlichen Investitionsoffensive die digitale Infrastruktur und die Digitalisierung der Verwaltung mit rund 10 Milliarden Euro jährlich vorantreiben. Wir brauchen ein einheitliches, kostengünstiges Netz (Breitband und Funk) mit flächendeckender Abdeckung. Netzausbau und -betrieb gehören in die öffentliche Hand. Digitale Dienstleistungen können dann durch private Unternehmen kostengünstiger angeboten werden. Wir wollen zudem die Innovationsförderung in Forschungsclustern konzentrieren und den Aufbau digitaler Kompetenzen und neue Geschäftsfelder integrieren. Die Digitalisierung der KMU in der Fläche ist entscheidend für die notwendige sozial-ökologische Transformation. Deshalb wollen wir für kleine Unternehmen den Zugang zu Förderprogrammen stark verbessern: mehr Transparenz, kurze Verfahren, klare Richtlinien, schnelle Entscheidungen und Limits bei der Förderung von Großunternehmen.
Frage 2: Die Verfügbarkeit, der Zugang und die Qualität von Daten sind Grundlage vieler technologischer Innovationen. Oft sind Daten in Industrie und Gesellschaft vorhanden, werden aber noch nicht genutzt. Wie wollen Sie die innovative und verantwortungsvolle Datennutzung steigern?
Innovative und verantwortungsvolle Datennutzung muss durch die Beseitigung von Rechtsunklarheiten und die Schaffung einer geeigneten Infrastruktur gesteigert werden. Es gilt sowohl offene Fragen des Datenschutzes als auch Unklarheiten im Bereich des Wettbewerbsrechts zu klären. Darüber hinaus müssen wir – wie in der Datenstrategie der Bundesregierung bereits angekündigt – das Thema Infrastrukturen aufgreifen. Zu viele Daten befinden sich in Systemen, die nicht mit anderen kompatibel sind oder werden in Formaten gespeichert, die wiederum von anderen nicht genutzt werden können. Hier muss die Debatte über passende Schnittstellen und mögliche Standards konsequent fortgeführt werden.
Daten sollen für gemeinwohlorientierte digitale Dienstleistungen und Innovationen nutzbar gemacht werden und nicht nur wenigen großen Daten-Monopolisten zur Verfügung stehen. Wir werden ein Datengesetz schaffen, das das Gemeinwohl in den Mittelpunkt rückt. Dafür werden wir eine vertrauenswürdige Daten-Teilen-Infrastruktur fördern, öffentliche Datentreuhänder einrichten und gleichzeitig dafür sorgen, dass die großen Konzerne ihre Daten für gemeinwohlorientierte Ziele teilen müssen. Rückschlüsse auf einzelne Personen dürfen dabei nicht möglich sein.
Wo die öffentliche Hand Aufträge vergibt, muss sie darauf bestehen können, dass die Daten, die im Rahmen des Auftrages erhoben werden, wieder an sie zurückfließen. Wir fördern die Entwicklung von Anonymisierungstechniken und setzen uns für strafbewehrte Verbote von De-Anonymisierung ein.
Der Staat muss beim Datenteilen mit gutem Beispiel vorangehen und einen breiten Datenzugang im Sinne von Open-Data ermöglichen. Die SPD setzt sich für eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts zur einem Transparenzrecht ein und hat hierzu bereits im Jahr 2013 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir wollen, dass die gegenwärtig nebeneinander bestehenden Informationsfreiheitsgesetze zusammengeführt und zu einem Transparenzgesetz weiterentwickelt werden. Dieses soll auch einen Rechtsanspruch auf Open Data enthalten. Die Daten der öffentlichen Verwaltung sollen grundsätzlich kostenfrei zur Verfügung stehen, wenn keine gewichtigen Gründe dagegensprechen. Diese Ausnahmetatbestände müssen eng begrenzt und begründet werden. Vor Kurzem hat der Deutsche Bundestag das Zweite Open-Data-Gesetz und Datennutzungsgesetz beschlossen, mit dem wir diesem Ziel ein Stück näherkommen. Gerade aber was die Weiterentwicklung zu einem Transparenzrecht und einen wirklichen Rechtsanspruch anbelangt, gibt es noch Verbesserungsbedarf in der nächsten Legislaturperiode. Wir werden die Behörden dabei unterstützen, das umzusetzen.
Es braucht einen Paradigmenwechsel hin zu gemeinsamen Standards, statt abgeschotteter Datensilos und zum Beispiel die Möglichkeit über Datentreuhandmodelle einfaches und datenschutzfreundliches Datenteilen zu ermöglichen. Der Zugang zu staatlichen Datenbeständen ermöglicht innovative, elektronische Dienstleistungen sowie neue technologische Anwendungen. Durch die Vorlage eines Bundestransparenzgesetzes werden wir staatliche Datenbestände der Allgemeinheit nach den Prinzipien der Open Data zur Verfügung stellen. So heben wir den Schatz von mit öffentlichen Mitteln erwirtschafteten, nicht personenbeziehbaren Daten. Zudem wollen wir GRÜNE ein öffentliches Dateninstitut mit einem gesetzlichen Forschungsauftrag einrichten, um Grundsatzfragen zur besseren Verfügbarmachung oder Anonymisierung von Daten zu behandeln und die Vernetzung, Entwicklung von Standards und Lizenzmodellen voranzutreiben.
Wir Freie Demokraten fordern eine Datenpolitik, die den Prinzipien von Selbstbestimmung über die eigenen Daten und Wettbewerb dient sowie Innovationen ermöglicht. Wir wollen einen EU-weiten Rechtsrahmen für nichtpersonenbezogene Daten schaffen. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen ein Nutzungsrecht an den Daten erhalten, an deren Erzeugung sie mitgewirkt haben. Eine generelle Datenteilungspflicht lehnen wir ab, denn auch die Kosten der Sammlung und Aufbereitung nicht-personenbezogener Daten müssen sich amortisieren können. Stattdessen wollen wir den Zugang zu Datenbeständen sektorbezogen und gegen Entgelt ermöglichen, wenn ein Wettbewerber keine Chance hat, selbst entsprechende Datenbestände aufzubauen. Nicht-unternehmensbezogene oder nicht-personenbezogene Daten der Verwaltung sollen in maschinenlesbarer Form als "Open Data" frei zugänglich gemacht werden. Für die Bereitstellung hochwertiger Daten für die kommerzielle Nutzung ist ein Lizenzsystem denkbar.
Wir setzen uns darüber hinaus für eine bessere wirtschaftliche Nutzbarmachung von Daten ein. Wir fordern deshalb die Ermöglichung und Einrichtung von Datenpools und Datendrehscheiben. Hierfür wollen wir rechtliche Hürden abbauen, die für die Zusammenführung von Daten und die Durchführung von Datenkooperationen bestehen. Datenpools, in denen qualitativ hochwertige Daten beispielsweise für das Training von Algorithmen oder die Auswertung durch „Data Scientists“ zusammengeführt werden, sind für Wirtschaft und Wissenschaft sowie gesellschaftsrelevante Innovationen elementar. Der Austausch von Daten und der Zugang zu Informationen soll zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen ermöglicht werden.
DIE LINKE fordert eine umfassende Regulierung von Plattformunternehmen. Wir wollen alternativ Plattformgenossenschaften und öffentlich-rechtlich betriebene Plattformen fördern und durch ein Plattformstrukturgesetz die Selbstbegünstigung von Plattformen verbieten, Datenschutz sicherstellen sowie die Interoperabilität und Portabilität der Nutzerdaten sanktionsbewährt garantieren. Wir wollen zudem ein Verbraucherinformationsgesetz, um über Kosten und Vertragslaufzeiten bei Krediten und Geldanlagen, bei Internetverträgen und Versicherungen zu informieren. Deshalb brauchen wir strenge Transparenzstandards für Plattformen. DIE LINKE will schließlich alle Gesetzeslücken schließen, die mit dem zunehmenden Onlinehandel hinsichtlich Produktsicherheit und Produkthaftung entstanden sind.
Ansprechpartner:
Christian Krause
VDI-Büro Berlin
E-Mail-Adresse: krause_C@vdi.de