Projekte für die Verkehrswende: Wie können sie gelingen?
Der DIT 2023 will „Zukunft gemeinsam gestalten. Innovationen für Mensch und Umwelt.“ An guten Ideen und Innovationen zur Mobilität fehlt es uns in Deutschland nicht. Immer wieder scheitern gute Projekte aber oder bleiben in der Umsetzung stecken.
Darüber und über andere Aspekte der Verkehrswende spricht mit uns Dr. Florian Krummheuer. Er berät mit pluto.M die öffentliche Hand und Verkehrsunternehmen im In- und Ausland rund um die Verkehrswende und Digitalisierung, außerdem engagiert er sich im VDI-Fachbereich Verkehr und Umfeld.
VDI: Worum geht es bei der DIT-Session zu „Projekte für die Verkehrswende: Wie können sie gelingen?“
Krummheuer: Große Neubauprojekte, neue Technologien oder innovative Fahrzeugkonzepte – viele gute Ideen werden von Ingenieurinnen und Ingenieuren erdacht, geplant und bis zur Marktreife entwickelt – und dann blieben sie irgendwo stecken – und das oft nach langen und aufwändigen Planungs- und Vorbereitungsphasen. Beispiele gibt es dafür viele. Von ambitionierten Seil- oder Straßenbahnprojekte über neue Radwege bis zu cleveren, sparsamen Autos. Aber woran liegt es, dass eigentlich gut gemeinte und nachhaltige Lösungen so oft nicht akzeptiert werden? Welche Rolle spielen Politik, Zivilgesellschaft und Markt beim Scheitern von Verkehrsinnovationen? Welche Lehren können wir daraus ziehen, um das bei zukünftigen Projekten besser hinzubekommen?
VDI: Was können wir dazu beitragen?
Krummheuer: Mobilitätsinnovationen für Mensch und Umwelt müssen nicht nur erdacht, sondern auch umgesetzt werden. Dazu ist es notwendig Gründe für das Scheitern zu kennen und Lösungsansätze für erfolgreiche Realisierungen zu entwickeln.
Darum ist es unser Ziel in der Breakout-Session des DIT für Entscheidungstragende, Fachleute und die Öffentlichkeit Perspektiven aufzuzeigen, um gemeinsam die Verkehrswende zu beschleunigen.
VDI: Welche Rolle spielen diese Erkenntnisse für den Zukunftsstandort Deutschland?
Krummheuer: Langfristig ist es wichtig, dass Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Stadt, im suburbanen und ländlichen Raum verbessert werden – Mobilität und Verkehr spielen dabei eine Schlüsselrolle. Innovationen in diesen Bereichen helfen uns dabei aber nur, wenn sie erfolgreich umgesetzt werden.
Die Breakout-Session fokussiert auf die Herausforderung des Wandels und zeigt Chancen auf. Für die Industrie, die Umwelt und unsere Mobilität in Deutschland ist es wichtig, dass die Stolpersteine und Fallstricke von Projekten erkannt und ausgeräumt werden.
VDI: Brauchen wir ein generelles Umdenken beim Thema Verkehr?
Krummheuer: Ja, klar! Die Verkehrswende politisch und auch von weiten Teilen der Gesellschaft gewollt und wird insbesondere von der jüngeren Generation massiv eingefordert. Wir sind rechtlich zur Klimaneutralität verpflichtet. Das setzt einen fundamentalen Umbau des Verkehrssystems voraus. Dafür müssen wir uns einerseits von den besonders umweltunfreundlichen Verkehrssystemen verabschieden. Auf der anderen Seite braucht es natürlich Alternativen, damit wir auch weiterhin mobil sein können. Unsere Session fokussiert auf diese Alternativen und die Schwierigkeiten, aus besonders aus Nachhaltigkeitsaspekten geeignete Lösungen nicht nur zu planen, sondern auch umzusetzen.
VDI: In der Session thematisieren Sie kleine Autos, die Renaissance der Straßenbahnen und die Schwierigkeiten bei der Einführung von Lastenrad-Flotten in den Städten – was haben diese sehr unterschiedlichen Angebote gemeinsam?
Krummheuer: Das sind alles Bespiele Verkehrsinnovationen, die sich nicht oder nur sehr langsam und zäh durchsetzen konnte. Und das obwohl sie aus eine nüchtern objektiven Sicht ziemlich gut geeignet scheinen, konkrete Verkehrsprobleme zu lösen.
VDI: Und woran lag es jeweils?
Krummheuer: Das ist ist die spannende Frage. Wir werden zeigen, dass die Wirkungszusammenhänge für das Scheitern jeweils komplex sind. Es gibt nie den einen Grund für den Misserfolg. Bei den Autos hat es etwas mit der Kundennachfrage zu tun. Bei den Straßenbahnsystemen ist es interessant – in Frankreich oder Großbritannien gibt es eine große Zahl neu eingeführter Tram-Systeme, in Deutschland nicht ein Beispiel. Hier liegen die Gründe sicher auch bei der Finanzierung, im Planungsrecht und ganz stark bei den Akzeptanz in der Bevölkerung. In Wiesbaden zum Beispiel scheiterte die Wiedereinführung der Tram letztendlich an einem Volksentscheid.
Interview: Gudrun Huneke
Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik
Telefon: +49 211 6214-535
E-Mail: jaeckel@vdi.de