Peak Oil: Erster Ölmulti sieht Ende des Förderwachstums
Mit dem Anfang dieser Woche veröffentlichten „Energy Outlook 2020“ von BP verkündet erstmals einer der großen globalen Energiekonzerne, das Zeitalter steigender Ölnachfrage sei vorbei. Energieszenarien wie der „Energy Outlook“ von BP werden viel beachtet. Damit man weiß, auf welche man sich wirklich verlassen kann, arbeitet der VDI derzeit an einer entsprechenden Richtlinie.
Als erster globaler Energiekonzern erklärt die britische BP p.l.c. das Zeitalter unablässig steigender Ölnachfrage für beendet. Der Verbrauch kehre vielleicht nie wieder auf das Niveau vor der Corona-Krise zurück, heißt es in der neuen Ausgabe des jährlichen, traditionsreichen „BP Energy Outlook“, der am Montag dieser Woche erschien.
Energieszenarien wie dieses arbeiten mit mehreren Einzelszenarien, denen typisierte Annahmen zugrunde liegen. Bemerkenswert am diesjährigen „BP Energy Outlook“ ist, dass selbst die Schätzungen mit den für die Branche optimistischsten Annahmen für die nächsten zwei Jahrzehnte kein nachhaltiges Wachstum vorsehen.
Peak Oil ist das Stichwort
Der Begriff ist jahrzehntealt; schon in den 1950er-Jahren machte sich der US-Geologe und Shell-Ölexperte Marion King Hubbert darüber Gedanken, wann wohl die Ölförderung ihr Maximum erreichen würde. Hubbert leitete dies 1956 vom Produktionsverlauf einzelner Ölfelder ab und übertrug sie auf landesweite und globale Szenarien.
Durch die Weiterentwicklung der Fördertechnik hat sich im Laufe der Jahrzehnte der Zeitpunkt für den globalen Peak Oil immer wieder nach hinten verschoben. Lokal, zum Beispiel bei den Fördermengen in der Nordsee, wurde das Maximum schon überschritten.
Klimaschutz lässt globalen Ölmarkt langfristig schrumpfen
Doch die Technologieentwicklung scheint nicht länger das beherrschende Momentum zu sein. Die Nachfrageentwicklung sei, so BP, „weitgehend stagnierend“. Der Grund: „Das Pariser Klimaschutzabkommen macht den globalen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2050 notwendig. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf den globalen Ölmarkt haben“, kommentiert Prof. Dr.-Ing. Harald Bradke, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt sowie Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innnovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.
Der Kunde also wählt den Energieträger und der soll in Zukunft „grün“ sei. Somit stellt sich die gesamte Welt auf eine Energiewende ein und will langfristig aus der energetischen Nutzung fossiler Brennstoffe im bisherigen Maße aussteigen. Da hilft auch keine technologische Optimierung der Fördertechnik, wenn der zu erwartende Gesamtmarkt schrumpft.
Energiewende bei Ölmulti BP angekommen
Bernhard Looney, der CEO von BP, zieht Konsequenzen aus dem, was seine Spezialisten ihm mit der diesjährigen Ausgaben seines Branchenforecasts servieren. Spätestens seit der Katastrophe im April 2010 mit der brennenden Ölförderplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko war BP ökologisch stark in die Kritik geraten.
Looney will sein Unternehmen langfristig nachhaltig ausrichten, bis 2030 will er die Öl- und Gasförderung bei BP um 40 % herunterfahren. Aus dem Londoner Öl- und Gaskonzern will er einen Anbieter für alle Formen von Energie machen – Hauptsache ökologisch.
Energieszenarien der Öl- und Gasbranche
Energieszenarien wie der „BP Energy Outlook“ werden in der Fachwelt und auch von der Politik weltweit beachtet. Auch wenn sie von den Protagonisten der Energiebranche selbst kommen, denn die Ausgangsdaten dieser Szenarien werden empirisch erhoben. Das gilt auch für andere Energieszenarien, wie den „Outlook for Energy“ von Exxonmobil, die „Shell Energy Scenarios“ oder den „World Energy Outlook“ der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris.
Unumstritten sind sie aber nicht. Denn natürlich ist nicht nur die Datenbasis wichtig, sondern auch die Annahmen, die in solche Energieszenarien hineinfließen. Immer wieder gibt es Kritik an ihnen, zum Beispiel weil die Wachstumserwartungen für den Ökostromsektor systematisch unterschätzt würden.
VDI will Kriterien für Energieszenarien entwickeln
Ein schwieriges Terrain, Nicht-Experten werden das kaum beurteilen können. Die Fachgesellschaft Energie und Umwelt (GEU) des VDI will deshalb Orientierungshilfe bieten, damit man erkennen kann, welche Energieszenarien fachlich korrekt evaluierte und damit vertrauenswürdige Ergebnisse bieten können. Hierzu haben die Arbeiten an einer entsprechenden VDI-Richtlinie begonnen. „Eine Standardisierung der Qualitätsanforderungen an Energieszenarien ist für die Ausgestaltung des zukünftigen Energiesystems und der regulatorischen Rahmenbedingungen von großer Bedeutung“, so der VDI-GEU-Vorsitzende Bradke.
Autorin: Greta Meyer
Fachlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Jochen Theloke
VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt
E-Mail-Adresse: theloke@vdi.de