CO2-Bilanz von E-Fahrzeugen
Ausgehend vom Pariser Klimaziel hat Volkswagen sich das Ziel gesetzt, bis 2050 als Unternehmen bilanziell CO2 neutral zu sein, bis zum Jahr 2025 soll der Carbon-Footprint der Pkw- und leichten Nutzfahrzeugflotte gegenüber 2015 bilanziell um 30 Prozent gesenkt werden. Dabei werden die Emissionen des ganzen Lebenszyklus berücksichtigt, inklusive der gesamten Wertschöpfungskette der Herstellung, der Fahrzeugnutzung beim Kunden und dem Recycling. Die E-Mobilitätsstrategie ist die zentrale Technologie, diese Ziele zu erreichen.
Eine aussagefähige CO2-Bilanz erfordert belastbare Daten, Methoden und eine unabhängige Prüfung
Die methodische Basis zur Berechnung von Ökobilanzen - und als Teil daraus CO2-Bilanzen (Treibhausgasbilanzen) - bildet der global gültige Standard ISO 14040 zum Life Cycle Assessment (LCA, dt. Ökobilanz). Darin ist festgeschrieben, dass alle relevanten Prozesse über den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen sind. Das Vorgehen und Ergebnis ist von einem unabhängigen Gutachter zu prüfen.
Volkswagen erstellt Ökobilanzen seit 1996, erstmals für den Golf III, und hat die Methoden, Prozesse und Datengrundlage seither kontinuierlich optimiert: Ausgehend von der Stückliste mit etwa 5.000 Teilen und der Materialdatenbank werden die Daten über eine Transferdatei in die Ökobilanzsoftware eingelesen. Dort werden dann für alle Materialen und Prozesse jeweils der Ressourceneinsatz und die Emissionen berechnet und als Ergebnis für die Herstellung des Fahrzeugs aggregiert. Letztendlich umfasst ein Ökobilanzmodell für Fahrzeuge etwa 40.000 Prozesse, die dann die gesamte Wertschöpfungskette für die Herstellung des Fahrzeugs abbilden.
Für ein realitätsnahes Ergebnis sind unbedingt repräsentative und aktuelle Daten erforderlich. Bei Volkswagen verwenden wir eine jährlich aktualisierte Datenbank, die mehrere tausend Datensätze umfasst und regelmäßig geprüft wird. Ergänzend dazu fließen spezifische Daten von unseren wichtigsten Lieferanten ein. Die gesamte Bilanz eines Fahrzeugs unterziehen wir einer mehrtägigen Prüfung durch einen unabhängigen Gutachter mit einer abschließenden Zertifizierung. Die Bilanz des ID.3 wurde vom TÜV Nord zertifiziert.
Das E-Fahrzeug hat im Europäischen Durchschnitt heute schon eine bessere CO2-Bilanz als Verbrenner
Mit aktuellen Modellen der Kompaktklasse haben wir TÜV-zertifizierte Bilanzen erstellt, um ein Elektrofahrzeug (Battery Electric Vehicle – BEV) einem jeweils modernen Benziner und Diesel gegenüber zu stellen. Um einen fairen Vergleich zu gewährleisten, wurden die Modelle so ausgewählt, dass Ausstattung und Leistung möglichst ähnlich sind.
Vergleich CO2-Bilanz für BEV und Diesel und Benziner in der Kompaktklasse in der EU
Abb. 1 zeigt, dass die Herstellung eines BEV derzeit deutlich höhere CO2-Emissionen verursacht, als die Produktion von konventionellen Fahrzeugen. Die Herstellungsphase enthält alle CO2-Emissionen der Wertschöpfungskette von „Cradle-to-Gate“, das heißt angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe, über die Herstellung von Vorprodukten und Bauteilen bis zur Produktion in den Volkswagen-Werken. Trotz der höheren Emissionen in der Herstellungsphase erreicht das BEV dann über eine Laufzeit von 200.000 Kilometern mit durchschnittlichem Europäischen Strommix heute schon eine deutliche Einsparung gegenüber Diesel und Benziner.
Effektive Maßnahmen führen zu einer deutlichen Verbesserung in der Herstellung von E-Fahrzeugen. Die Bilanz des Fahrzeugs ist für uns die Basis für eine detaillierte Analyse der CO2-Schwerpunkte, die sogenannte Hot-Spot-Analyse.
CO2-Hotspots in der Herstellung eines BEV
In Abb. 2 wird deutlich, dass bei BEV die Herstellung der Li-Ionen-Batterie den entscheidenden Faktor für den Carbon Footprint darstellt. Hierbei ist nicht nur der Energiebedarf in der Zellproduktion wichtig, auch die Upstream-Prozesse in der Lieferkette sind relevant: Rohstoffproduktion, Kathodenmaterialherstellung und das Grafit für die Anode haben einen beträchtlichen Einfluss auf die CO2-Bilanz.
Im Vergleich zu der Batterie, die im e-Golf eingesetzt wurde, ist mit der neuen Batteriegeneration des ID.3 ein enormer Fortschritt erzielt worden. Mit dem neuen Kathodenmaterial (6-2-2) konnte die Batteriekapazität bei gleichem Materialaufwand gegenüber der vorherigen Generation (1-1-1) signifikant gesteigert werden. Gleichzeitig haben wir mit unserem Batteriezell-Lieferanten vereinbart, dass Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt wird. Mit diesen beiden Maßnahmen reduziert sich der spezifische Carbon-Footprint von 110 kg CO2/kWh auf nur noch 62 kg CO2/kWh (siehe Abb. 3).
Signifikante Verbesserung des Carbon Footprints der Batterie
Auch in der weiteren Wertschöpfungskette stecken noch große Reduktionspotenziale, beispielsweise in der Kathodenmaterialproduktion oder beim Grafit für die Anode.
Neben den Potenzialen in der Batterielieferkette analysieren wir aktuell auch Maßnahmen für die weiteren Hotspots wie Stahl oder Aluminium. An unserem eigenen BEV-Produktionsstandort Zwickau wird bereits Strom aus erneuerbaren Energien eingekauft.
Strom aus erneuerbaren Energien in der Nutzungsphase ist der wichtigste Baustein
Noch größere Bedeutung als die Verbesserung der Lieferkette hat der Ladestrom des BEV in der Nutzungsphase. Bereits mit dem heutigen europäischen Strommix reduziert das BEV den CO2-Ausstoß deutlich. Mit der weiter ausgeplanten Energiewende wird der Strommix kontinuierlich CO2-ärmer, was sich entsprechend positiv auf die CO2-Bilanz des BEV auswirkt. Kein anderer Energieträger ist bereits so stark dekarbonisiert wie Strom, bei keinem anderen Energieträger ist die weitere Dekarbonisierung so klar beschrieben. Damit stellt das BEV die Technologie dar, die bereits heute den größten Klimaeffekt zeigt und deren CO2-Reduktion in Zukunft noch größer wird.
Das E-Fahrzeug hat die beste Antriebseffizienz
Da regenerativer Strom eine wertvolle Ressource ist, sollte er möglichst effizient eingesetzt werden. Für Mobilitätsanwendungen ist die direkte Strom-Nutzung in Form von batterie-elektrischem Fahren effizienter als alle anderen Alternativen. Daher sollte lokal erzeugter, CO2 neutraler Strom mit Priorität in BEV (und Plug-In-Hybridfahrzeugen, kurz PHEV) eingesetzt werden. Auch wirtschaftliche Analysen verschiedener Energieträger und Antriebe zeigen unter Einbeziehung möglicher Importe von eFuels oder eH2 aus sonnen- und windreichen Regionen, dass das batterieelektrische Fahren für den Großteil unserer Kunden die kostengünstigste Lösung ist.
Die Dekarbonisierung mit E-Fahrzeugen ist realistisch und konkret
E-Mobilität ermöglicht heute schon eine signifikante Reduzierung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr. Großen Einfluss hat die Herstellung des BEV. Insbesondere bei der Batterie gab es bereits deutliche CO2-Verbesserungen, und es werden weitere Potenziale gesehen, die Volkswagen mit den Partnern in der Wertschöpfungskette forcieren wird.
Noch größere Wirkung hat die Nutzung von Ökostrom in der Nutzungsphase – mit Naturstrom von Volkswagen kann der Einzelkunde heute schon annährend CO2-neutral fahren. Um diesen Effekt so großflächigen wie möglich zu gestalten, muss die Energiewende von Politik und Stromerzeugern weiter und schnell voran getrieben werden.
Die E-Mobilität ermöglicht es, mit bereits heute verfügbarer Technologie einen signifikanten CO2-Effekt zu erzielen und leistet somit einen wichtigen Beitrag von Volkswagen auf dem Weg zur Erreichung der Pariser Klimaziele.
Autoren: Dr. Marko Gernuks, Dr. Georg Bäuml, Dr. Maximilian Schüler, Dr. Tobias Lösche-ter Horst, Dr. Lars Hofmann, Dr. Philipp Halubek, alle Volkswagen AG, Konzern Forschung und Entwicklung
Weiterführende Informationen: „Ein komplementäres Miteinander der Technologien ist unsere einzige Chance, die CO2-Ziele für 2030 zu erreichen“, so VDI-Präsident Dr.-Ing. Volker Kefer. Darum nehmen wir die Möglichkeiten der unterschiedlichen Technologien für die Mobilität heute und die Potenziale von morgen in der Reihe Antriebssysteme in den Fokus: Verbrenner, Batterie, Brennstoffzelle.
Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik
E-Mail: jaeckel@vdi.de