Auslandsmobilität von Ingenieurstudierenden in Deutschland
Die Corona-Krise bedeutet für viele Studierende in Deutschland, dass sie einen geplanten Auslandsaufenthalt vorerst verschieben müssen. Bei den Absolventinnen und Absolventen der Ingenieurwissenschaften an deutschen Hochschulen verharrt der Anteil derer, die über Auslandserfahrung verfügen, ohnehin seit Jahren auf niedrigem Niveau. Im Ausland erworbene Kompetenzen spielen aber bei der Karriereentwicklung von Akademikerinnen und Akademikern eine große Rolle. Das belegt eine Studie, die 2020 unter Mitwirkung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) entstand.
„Für mich war die Motivation, einfach mal etwas Neues kennenzulernen“, sagt Frederik Schulze Spüntrup, Präsident der European Young Engineers (EYE) und seit vielen Jahren aktiv im VDI über seine Studienzeit im Ausland. Ihm sei trotz einer ablehnenden Haltung mancher Lehrenden klar gewesen, dass die durch Praktikum oder Studium im Ausland erworbenen Kompetenzen im späteren Berufsleben einen Mehrwert mit sich bringen würden. Genauso sieht das Andreas Gresser, Versuchsingenieur im Bereich Gasmotoren bei Rolls Royce Power Systems AG in Augsburg: „Es ging für mich darum, die eigene Komfortzone zu verlassen.“ Dabei habe er durch den Perspektivwechsel u. a. seine Anpassungsfähigkeit und Problemlösungskompetenz geschult und darüber hinaus seine Fremdsprachenkenntnisse stark verbessert.
Obwohl viele Ingenieurinnen und Ingenieure mit Auslandserfahrung über die Mehrwerte berichten und Unternehmen immer wieder herausstellen, dass die durch Auslandserfahrung erworbenen Kompetenzen bei der Karriereentwicklung von Ingenieurinnen und Ingenieuren eine große Rolle spielen können, stagniert die Zahl der Ingenieurstudierenden an deutschen Hochschulen mit Auslandserfahrung seit Jahren auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Im Jahr 2017/18 machte die Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften neun Prozent der Studierenden im Ausland aus. Nachteile wie Organisationsaufwand, Zeitverlust und Probleme bei der Anerkennung sowie Kosten werden immer wieder als Gründe genannt, nicht ins Ausland zu gehen. „Durch gute Vorbereitung und Information im Vorfeld lassen sich viele Unsicherheiten beseitigen. Die Vorteile von Auslandserfahrung wiegen die Nachteile deutlich auf“, kommentiert dies Andreas Gresser.
Welche Rolle die Hochschulen aus seiner Sicht haben, formuliert Jürgen Kretschmann, Präsident der Technischen Hochschule Georg Agricola zu Bochum: „Die Hochschulen haben die Aufgabe zur Berufsbefähigung und Berufsintegration“. Dazu gehörten heutzutage bei den Ingenieurinnen und Ingenieuren neben der Vermittlung der Fachkompetenzen die Befähigung zum Blick über den Tellerrand. „Ingenieurinnen und Ingenieure bewegen sich schließlich nicht im leeren Raum“, so Kretschmann. Auslandserfahrung helfe dabei, viele der im Berufsleben gefragten Kompetenzen zu schulen. Daher solle ihr Erwerb gefördert und unterstützt werden.“
Der VDI setzt sich in diesem Sinne dafür ein, dass bei der Entwicklung und Realisierung von Studiengängen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Studierenden der Ingenieurwissenschaften die Möglichkeit bieten, im Studium Erfahrung im Ausland zu sammeln. Das Young Engineers Netzwerk des VDI und das Netzwerk der European Young Engineers bieten jungen Studierenden darüber hinaus den Austausch mit Gleichgesinnten, die vor ähnlichen Herausforderungen bezüglich Organisation des Auslandsstudium, Anerkennung an der Heimatuniversität oder Integration in das Curriculum stehen/standen. Ein direkter Austausch kann helfen, die ersten Hürden zu überwinden, Mut zu schaffen es zu versuchen und das Fernweh zu wecken.
Darüber hinaus unterstützt der VDI mit dem EUR ING, einem in vielen Ländern akzeptierten „professional title“, individuelle Ingenieur*innen und Unternehmen bei der Anerkennung von erworbenen Kompetenzen, die im Zuge einer Tätigkeit im Ausland nicht selten notwendig wird.
Fachlicher Ansprechpartner:
Dr. Thomas Kiefer
E-Mail: kiefer@vdi.de