Autonomes Fahren kann die individuelle Mobilität aller verbessern
Autonomes Fahren wird die Mobilität in unseren Städten grundlegend verändern und damit das Nutzerverhalten, aber auch die Fahrzeugentwicklung und die Anpassung der Infrastruktur maßgeblich beeinflussen. Besondere Aktualität bekommt das Thema nicht zuletzt aufgrund der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur, welcher den Regelbetrieb autonomer Fahrzeuge ermöglichen soll.
Beim virtuellen Policy Briefing am 25. November 2020 hat der VDI in vertraulicher Runde gemeinsam mit Bundes- und Landtagsabgeordneten, verkehrspolitischen Entscheidern sowie Experten über Chancen und Herausforderungen des autonomen Fahrens im öffentlichen Raum informiert und diskutiert.
Schwächen des ÖPNV und des Individualverkehrs beseitigen
Welches Potenzial das autonome Fahren für die Verbesserung der individuellen Mobilität aller Bevölkerungsgruppen entfalten kann, verdeutlichte Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug und Verkehrstechnik (VDI-FVT) und Direktor des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen in seinem Impulsvortrag an konkreten Nutzungsszenarien. Wichtig sei es vor allem, neue Mobilitätskonzepte zu entwickeln, die die Schwächen des ÖPNV und des Individualverkehrs beseitigen, so Prof. Eckstein. Dazu sei es nötig, autonomes Fahren als komplexes System aus autonomen Fahrzeugen und Shuttles, Infrastruktur und Leitwarten zu begreifen. Konkrete Rahmenbedingungen, regulatorische und technische Anforderungen sowie Empfehlungen zur Implementierung der verschiedenen Stufen und Szenarien des autonomen Fahrens hat der VDI auch in seinen Handlungsempfehlungen formuliert.
Beispiel: Projekt HEAT der Hamburger Hochbahn
Ein konkretes Beispiel, wie autonome Fahrzeuge in den regulären Straßenverkehr integriert werden können, zeigt das Projekt HEAT der Hamburger Hochbahn. Dort wird der Einsatz eines autonomen Kleinbusses im Realbetrieb durch die Hafencity erprobt. Das sei eine große Herausforderung, berichtete Gesamtprojektleiterin Natalie Rodriguez, denn der HEAT-Betrieb funktioniere in einem komplexen Zusammenspiel aus Fahrzeug, Straßeninfrastruktur und Leitstelle. In der erfolgreich beendeten ersten Testphase konnten viele Anwendungsfälle, wie z.B. der Umgang mit Radfahrern oder Falschparkern, erprobt und ausgewertet werden. Das Interesse am Projekt sei auch überregional sehr groß, stellte Henning Schubärth, Bereichsleiter Intelligente Transportsysteme der Hamburger Behörde für Verkehrs und Mobilitätswende fest. Mit den Erkenntnissen aus der ersten Phase startet HEAT nach der Winterpause in die zweite Projektphase und nimmt den Probebetrieb mit Fahrgästen auf.
Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein,
Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (VDI-FVT),
Direktor des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen:
„Das autonome Fahren bietet die Chance, die individuelle Mobilität aller Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Der ÖPNV z.B., der heute durch große Fahrzeuge wie Busse und Bahnen geprägt ist, wird bereits in wenigen Jahren durch autonome Shuttles ergänzt werden. Diese nehmen am gemischten Straßenverkehr teil und fahren zunächst auf ausgewählten und gekennzeichneten Strecken und Fahrbahnen.“
Natalie Rodriguez, Hamburger Hochbahn AG,
Projektleiterin HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation):
„Mit kleinen automatisierten Fahrzeugen können wir als ÖPNV-Unternehmen unser Angebot in Randlangen oder in nicht ausreichend angeschlossenen Gebieten mittel- und langfristig sinnvoll ergänzen. Es ist essenziell sich schon heute mit dieser Technik auseinanderzusetzen, zu lernen was die Grenzen dieser Technologie sind und in enger Zusammenarbeit mit der Industrie weitere Entwicklung für den regulären Betrieb voranzutreiben.“