Was heißt „Umweltbedingte Krankheitslast“?
Saubere Luft zum Atmen ist für unsere Umwelt und insbesondere für unsere Gesundheit essenziell. Das erleben vor allem Menschen, die an einer Atemwegserkrankung wie Asthma leiden. 2018 waren das laut dem Robert Koch-Institut (RKI) immerhin etwa 6,6 Millionen Menschen in Deutschland.
Mit ihrer Strategie „Saubere Luft für Europa“ bekämpft die Europäische Kommission Luftverschmutzung. Dazu hat sie Richtlinien und Gesetze, wie die EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie, engl. Ambient Air Quality Directive), entwickelt. Darin sind Grenzwerte für maximal zulässige Immissionskonzentrationen ausgewählter Luftschadstoffe festgelegt, die die Mitgliedsstaaten der EU einhalten müssen. Allerdings stammt die derzeit (noch) gültige Luftqualitätsrichtlinie aus dem Jahr 2008. Sie entspricht nicht den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung. Nach jahrelanger intensiver Forschung und Beratung von Fachleuten aus aller Welt hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im September 2021 ihre neuesten Erkenntnisse dazu veröffentlicht: Zum Schutz der Gesundheit setzt sie neue, deutlich strengere Richtwerte für ausgewählte Luftschadstoffe.
Strengere Luftqualitätsrichtlinien senken die Krankheitslast
Die neuen Bewertungen sowie die WHO-Richtwerte fließen in die Überarbeitung der Luftqualitätsrichtlinie der EU ein, die aktuell noch andauert. Dazu werden zum ersten Mal auch Maßzahlen zu gesundheitlichen Auswirkungen auf die Bevölkerung, sogenannte Krankheitslastberechnungen, in die Evaluation verschiedener Maßnahmenpakete einbezogen. Grundlage für diese Berechnungen ist das Konzept der „umweltbedingten Krankheitslast“ (engl. Environmental Burden of Disease). Solche Indikatoren können die Auswirkungen von unterschiedlichsten Risikofaktoren quantifizieren und in einem zweiten Schritt auch die Auswirkungen von Präventions- oder Interventionsmaßnahmen für die gesamte Bevölkerung vergleichbar machen. Risikofaktoren sind hier beispielsweise: die Konzentration von Partikeln mit einem Durchmesser unter 2,5 µm (PM 2,5 Fraktion), die Konzentration von Stickstoffdioxid (NO2) oder aber auch die Lärmbelastung.
Diese Erkenntnisse helfen dabei, politische und präventive Maßnahmen zu priorisieren. Damit sind die Maßzahlen des Konzepts der umweltbedingten Krankheitslast für gesundheitspolitische Diskussionen und Entscheidungen sehr wertvoll.
VDI-Handlungsempfehlung zur Gesundheit von Bevölkerungen
Die neue VDI-Handlungsempfehlung „Maßzahlen zur Gesundheit von Bevölkerungen richtig interpretieren und kommunizieren“ richtet sich an Entscheidungsträger in der Praxis, die Presse und eine breitere Öffentlichkeit, die sich nicht in der wissenschaftlichen Tiefe mit der Thematik beschäftigen können.
Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung war, so die Mitautoren Prof. Barbara Hoffmann und Dr. Dietrich Plaß:
„Häufig werden Berechnungsergebnisse aus Krankheitslaststudien in den Medien sehr plakativ verwendet und führen zu ungerechtfertigter Verunsicherung der Bevölkerung. Uns war es wichtig, mit der VDI-Handlunsgempfehlung dieses wichtige, aber auch komplexe Instrument zur Bewertung von Umweltrisiken für die Bevölkerungsgesundheit verständlich vorzustellen und Empfehlungen und Anregungen für eine sinnvolle Kommunikation zu geben.“
Mit der Handlunsgempfehlung liefern wir eine verständliche und praktikable Hilfestellung zu den Fragen:
- Wie werden Krankheitslastberechnungen durchgeführt?
- Was sagen die Maßzahlen aus?
- Welche „Fallstricke der Interpretation“ gibt es?
- Wie können die Maßzahlen in der öffentlichen Kommunikation richtig eingeordnet und verwendet werden?
Damit ergänzt die neue Handlunsgempfehlung andere Angebote zum Thema, wie beispielsweise die Erklärangebote des Umweltbundesamts (UBA):
Fachliche Ansprechpartnerin:
Dr. Anke Niebaum
VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL)
VDI-Fachbereich Umweltqualität
E-Mail: krdl@vdi.de