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Drohnen im Einsatz

Unbemanntes Team unterstützt Wasserrettung

Bild: Jens Rosenow/Aeromedia

Drohnen können Rettungskräfte bei der Suche nach vermissten Personen sowohl zu Wasser als auch in der Luft unterstützen. Wie das am Besten gelingt, zeigt eine gemeinsame Übung von DRLG, Freiwilliger Feuerwehr und dem 'DROHNENmagazin'.

Sieht aus wie eine Fotomontage, ist aber keine: Während das AUV (Autonomous Underwater Vehicle) im Wasser den Taucher der DLRG unterstützt, übernimmt das UAS der Feuerwehr die Dokumentation aus der Luft. Die Drohne ermittelt außerdem die GPS-Koordinaten, um die Suche nach einer vermissten Person unter Wasser noch effizienter zu machen.

Dieser Tag im Dezember war verregnet und grau. Es war kein Tag, an dem man freiwillig mit einem UAV zum Fliegen geht. Aber die Alarmmeldung war deutlich: Auf einem See in Nordrhein-Westfalen ist ein Boot mit zwei Personen gekentert und beide Personen werden vermisst. Die gemessene Wassertemperatur beträgt 5° Celsius, was die Lage für die Vermissten noch gefährlicher macht. Überlebens-Chance im Worst Case: keine 10 Minuten.

Für die freiwillige Feuerwehr und die DLRG war das Warten auf besseres Wetter keine Option. Mit gewohnter Profession machten sich die beiden Teams mit ihren unbemannten Systemen einsatzbereit: An Land begann die Suche mit einer Hexakopter-Drohne, ausgestattet mit einer Wärmebildkamera, und auf dem Wasser gingen zwei Taucher von Bord, unterstützt von einer Tauchdrohne.

Übung, Test und Forschung

Das zugrundeliegende Szenario an diesem Tag war eine vom DROHNENmagazin (www.drohnenmagazin.de) erdachte Übung. Erstmals organisierte ein Fachjournal eine Übung für Rettungskräfte, bei der nicht nur der Umgang mit den jeweiligen Systemen in verschiedenen Szenarien geübt, sondern auch gemeinsam mit allen Beteiligten Neuland erkundet werden konnte. Dafür wurde das Gebiet rund um den See in zwei Zonen aufgeteilt.

In der Zone 1 fand die Vermisstensuche an Land statt. In dem Übungsszenario musste davon ausgegangen werden, dass sich eine der beiden vermissten Personen an das Ufer retten konnte und nun lebensgefährlich unterkühlt in schwer einsehbarem Gelände an oder unter einem Baum Schutz vor der Witterung gesucht hat.

Die Zone 2 wurde mitten auf dem See definiert. Hier war die Position des gekenterten Bootes vorgegeben und die Taucher der DLRG hatten die Aufgabe, unter Wasser nach einer vermissten Person zu suchen. Neu war hierbei allerdings, dass die beiden Taucher von einem AUV begleitet wurden. Es sollte getestet werden, inwiefern eine Unterwasserdrohne bei der Taucherarbeit in einem solchen Szenario unterstützen kann.

Im dritten Teil dieser Übungskonzeption wurde die Arbeit der Feuerwehrdrohne vom Uferbereich auf den See hinaus zur Tauchstelle verlagert. Das Team der Feuerwehr sollte üben, das Boot der DLRG direkt anzusteuern, dabei die Höhe zu halten und auch die Position der Taucher und des ROV unter Wasser zu lokalisieren. Da es unter Wasser kein GPS gibt, sind auch keinerlei Positionsdaten für die Vermisstensuche möglich. Hier könnte ein UAS in der Luft wertvolle Hilfe sein: Dokumentation und Koordinatenlieferant für die systematische Absuche unter Wasser.

Herausforderung für ein Wärmebild

Eine stark unterkühlte Person in nasser Kleidung an einem verregneten Tag zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Für die möglichst realistische Darstellung hat sich ein Feuerwehrkamerad an Land mit geschlossener Einsatzkleidung im entfernten Unterholz versteckt. Während sich ein Steuerer und Bildauswerter an der Fernsteuerung befanden, lief ein vierter Kamerad am Boden der Drohne hinterher, um auch außerhalb der Sichtweite des Piloten das UAS stets im Blick zu haben (Extended Visual Line of Sight). Per Funk wurde die Vermisstensuche koordiniert und auch der Akkuwechsel vom Team an der Steuerung bekannt gegeben, woraufhin die Drohne zum Startplatz zurückkehrte, um dann am letzten Punkt die Befliegung des Suchgebietes wieder aufzunehmen. Hierbei gab es den ersten wichtigen Punkt festzuhalten: Ist das Suchgebiet sehr groß, wird allein durch den Flugweg zur Fortsetzung der Suche nach einem Akkutausch unnötig viel Energie verbraucht, die bei fortschreitender Suche und Zunahme der Entfernungen immer weniger dem eigentlichen Einsatzzweck zur Verfügung steht.

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Taucher im Wasser

Die WBK-Leistung heutiger Kleindrohnen ist in Bezug auf die Größe sicherlich beachtlich – für eine Personensuche in einem witterungsbedingt erschwerten Einsatzszenario mussten aber besondere Vorkehrungen getroffen werden. Ab einer bestimmten Flughöhe wird das Schwarz/Weiß-Bild leicht verschwommen. Fälschlicherweise wurde zunächst ein Transformatorhäuschen als Wärmequelle erkannt.

Etwas mehr als 10 Minuten dauerte es, bis die beiden Taucher mit ihren Anzügen, Westen und Atemgeräten samt Pressluftflaschen einsatzbereit waren. Der leistungsstarke Außenbordmotor brachte die Einsatzgruppe in wenigen Sekunden zu der Stelle, wo das bei dieser konzipierten Übung angenommene Boot gekentert war und mindestens eine vermisste Person unter Wasser vermutet wurde.

Während der erste Taucher ins Wasser stieg und über eine Sicherungsleine mit einer Kameradin an Bord verbunden blieb, stieg der zweite Taucher der DLRG mit dem AUV ins Wasser. Das Gerät besitzt einen leichten Eigenauftrieb –unterlässt man die permanente Kontrolle, zwingt der Auftrieb das AUV nach oben. Ähnlich wie in der Luft unterliegt auch ein AUV den Strömungsverhältnissen in einem Gewässer. Was bei dieser Übung in dem See kein großer Faktor war, macht es jedoch bei einer Anwendung in einem Fluss zu einer echten Herausforderung und nötigt dem AUV-Piloten einiges an Können ab.

Das Szenario im Blick behalten

Die Welt unter Wasser ist selten klar. In diesem Fall hatten die Übungsteilnehmer jedoch Glück: das kalte Wasser des Sees ermöglichte Sichten von mehreren Metern und der Pflanzenbewuchs am Grund in etwa fünf Metern Tiefe hielt sich in Grenzen. Mit der Frontkamera, die eine Auflösung in 4K liefert, ergab sich ein glasklares Bild. Doch auch hier muss der Steuerer die Physik im Auge behalten – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Durch die Lichtbrechung verändern sich Entfernungen und auch Größenverhältnisse unter Wasser. Um dem Taucher bei seiner Suche, die er wie gewohnt am Grund durch Vorantasten ausführt, zu folgen, muss der AUV-Steuerer oftmals blitzschnell reagieren, wenn größere Pflanzenstränge ins Bild kommen, die kurz danach von den Propellern eingezogen werden. Vor allem erzeugt Taucherarbeit am Grund enorm viel Sedimentwirbel. Das kann die Sicht am Bildschirm oben auf dem Boot auf den Wert Null reduzieren.

Fazit der Übung

Es war das erste Mal, dass das Thema "unbemanntes Teaming" bei einem Übungsszenario mit zwei unterschiedlichen Hilfsorganisationen an Land und auf dem Wasser überhaupt aufgegriffen worden war. Weiterhin kamen Drohnen für zwei völlig verschiedene Medien zum Einsatz (fliegen und tauchen), die jedoch gemeinsam wiederum Ansätze für ganz neue Einsatztaktikten möglich machen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden nun weiter ausgewertet. Für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und der DLRG war es wiederum ein willkommener Trainingsanlass und das Feedback war unisono: "Beim nächsten Mal sind wir wieder mit dabei".

Der ungekürzte Artikel ist im Drohnenmagazin (Ausgabe 4/2020) erschienen.

Autor: Jens Rosenow, Drohnenmagazin

Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel VDI
VDI-Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik
Telefon: +49 211 6214-535
E-Mail: jaeckel@vdi.de 

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