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Raumfahrt

Staubige Angelegenheit: Mondgestein als Quelle neuer Rohstoffe

Der VDI-Fachbereich "Luft- und Raumfahrttechnik" berichtet über ein Forschungsprojekt zur möglichen Nutzung des Mondstaubs. Für die wissenschaftliche und wirtschaftliche Erschließung des Mondes sind große Mengen unterschiedlicher Materialien notwendig, die aus Kostengründen nicht von der Erde transportiert werden können. Dies betrifft unter anderem Materialien zum Bau von Unterkünften für Astronauten und anderen Infrastrukturen. Es werden Werkzeuge und Maschinen benötigt, und natürlich Sauerstoff als Atemluft. 

Gebäude, Straßen und anderes mehr lassen sich aus der leicht zugänglichen oberen pulverförmigen Schicht des Mondes, dem Regolith herstellen - zum Beispiel durch additive Fertigungsverfahren. Für Werkzeuge, Schrauben, elektrische Leitungen hingegen braucht man reine Metalle. Einige davon sind auf dem Mond vorhanden. Der Regolith besteht aus den Oxiden von Silizium, Eisen, Titan, Aluminium, Magnesium und weiteren Stoffen. Zur Nutzbarmachung ist ein Prozess unter Weltraumbedingungen nötig, mit dem diese Oxide in reine Elemente umgewandelt werden können und der ohne Verbrauchsmaterialien auskommt.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt zwischen dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) und dem Institut für Raumfahrtsysteme (IRAS) der TU Braunschweig wird versucht, die wichtigsten Stoffe aus dem Regolith als Elemente herzustellen. Zum einen ist das Sauerstoff, der als Atemluft benötigt wird, aber auch als Grundlage für Treibstoff auf dem Mond. Zudem kann man aus dem Regolith auch reine Metalle wie Eisen oder Aluminium gewinnen.

Wichtig ist, dass diese Prozesse nahezu geschlossen ablaufen, d.h. ohne permanente Versorgung von der Erde. Um das Verfahren auf der Erde zu entwickeln, braucht es natürlich Mondregolith. Da dieser aber nur begrenzt zur Verfügung steht, haben die Wissenschaftler der TU-BS den sogenannten Regolith-Simulanten entwickelt, der aus irdischem Gestein besteht und dem Mond-Original sehr ähnelt.

Die Wissenschaftler vom Fraunhofer IST lösen in einem ersten Schritt den Regolith in einer Flüssigkeit auf. Aus dem Regolith, einem Gemisch verschiedenster Erze bilden sich Ionen, die sich in einem zweiten Schritt als reine Elemente zurückgewinnen lassen. Dieser Elektrolyse genannte Prozess ist auf der Erde weit verbreitet, z. B. zur Herstellung von Aluminium, Magnesium oder auch Wasserstoff.

Für den lunaren Prozess ist geplant, als Lösungsmittel nicht Wasser zu nehmen, sondern sogenannte ionische Flüssigkeiten (IL). IL sind Salze, die zwar flüssig sind (per Definition zwischen null und 100 Grad Celsius), aber anders als Wasser nicht verdampfen. Das ist wichtig, da die Ressourcen auf dem Mond äußerst knapp sind und man nicht permanent Lösungsmittel nachführen kann. Ein weiterer Vorteil der IL ist, dass man mit ihnen auch Metalle elektrochemisch gewinnen kann, mit denen das in wässrigen Lösungen nicht funktioniert (sehr unedle Metalle), etwa Aluminium.

Während auf der Erde allerdings bei der elektrolytischen Metallgewinnung häufig CO2 als Nebenprodukt entsteht (man setzt Kohlenstoff als Anode ein), muss der Prozess auf dem Mond anders funktionieren; es gibt dort keinen Kohlenstoff. 

Die Idee des vom DLR geförderten Projektes namens „ELMORE“ ist es, mit so genannten „inerten“ Anoden anstelle von CO2 Sauerstoff zu produzieren. Hier liegt auch das große Potenzial dieses Forschungsprojektes: Wenn es auf dem Mond gelingt, Metalle CO2-frei zu produzieren, so lässt sich dieser Prozess auch auf die Erde transferieren. 

Das ELMORE-Verfahren besitzt das Potenzial, die bemannte Raumfahrt ein großes Stück näher in Richtung „Moon Village“, also einer permanenten Außenstation auf dem Mond, zu bringen. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine vielversprechende Möglichkeit, einen ressourcensparenden und CO2-neutralem Ansatz zur Metallgewinnung auf der Erde zu entwickeln.

Autoren: Prof. Enrico Stoll (TU Braunschweig) und Dr. Andreas Dietz (Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik)

Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik
E-Mail: jaeckel@vdi.de

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