Resistenzen heranzüchten? Nein, vermeiden!
Die ganze Welt spricht über das Coronavirus SARS-CoV-2. Wer denkt da noch an Antibiotika? Fakt ist, dass es Menschen gibt, die aus Angst vor einer Infektion mit dem Virus Antibiotika einnehmen, ohne zuvor einen Arzt besucht zu haben – ein „gutes“ Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte.
Liegt das neugeborene Kind wegen einer bakteriellen Infektion auf der Intensivstation und hilft dagegen ein Antibiotikum, so können sich die Eltern glücklich schätzen. Vor einem Jahrhundert sah die Sache ganz anders aus: Ein nicht unwesentlicher Teil erkrankter Babys starb. Andererseits gehe die Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO, aktuell davon aus, dass die Zahl der Menschen, die infolge multiresistenter Keime sterben, in den kommenden Jahrzehnten dramatisch ansteigen könnte, sofern man nichts gegen diese Entwicklung unternehme, sagt Professor Jürgen Hemberger, Vorsitzender des VDI-Fachbeirats Biotechnologie.
Corona-Pandemie hin, Corona-Pandemie her. Viren sind nicht das einzige Problem. Von resistenten Bakterien geht weiterhin ein großes und weltweit wachsendes Risiko aus. Um mit der Zunahme von Resistenzen Schritt halten zu können, werden dringend neue Antibiotika benötigt. Daneben muss die Ausbreitung von Resistenzen deutlich wirkungsvoller als bisher verhindert werden. Zudem ist der Einsatz von Antibiotika zu reduzieren.
Technisch-hygienische Maßnahmen konsequenter umsetzen
Einer der Gründe hierfür ist, dass viele Ärzte in den vergangenen Jahren allzu oft Antibiotika verschrieben haben, obwohl dies nicht immer nötig gewesen wäre. Darüber hinaus gelangen noch immer zu viel Anteile davon in Tierfleisch, von dem wir uns ernähren. Und wenn Menschen aus Angst vor einer Covid-19-Erkrankung zu Antibiotika greifen, dann führt das letztlich auch eher zu ungewünschten Ergebnissen. Insofern sind Aufklärung, Forschung und Entwicklung weiterhin gefragt.
Der VDI engagiert sich dafür, dass die technisch-hygienischen Maßnahmen konsequenter umgesetzt werden als bisher – auch mit entsprechenden Richtlinien. Einige Beispiele hierfür sind antimikrobielle Oberflächen und hohe Standards bei hygienerelevanten Gebäudeinstallationen sowie effiziente Verfahren, die Antibiotika und Arzneimittelrückstände in Kläranlagen entfernen.
Autor: Frank Magdans
Fachlicher Ansprechpartner im VDI:
Dr. Martin Follmann
VDI-Gesellschaft Technologies of Life Sciences
Tel. +49 211 6214-320
E-Mail-Adresse: follmann@vdi.de
Weiterführende Informationen: Welche Ingenieurdisziplinen in diesem Kontext gefragt sehen, lesen Sie im Interview mit Professor Hemberger. Weitere Informationen können Sie unserer Publikation „Lebensretter Antibiotika – Kampf gegen Resistenzen und Erforschung neuer Wirkstoffe“ entnehmen. Vor kurzem ist auch ein Policy Factsheet erschienen, das aufzeigt, wie Maßnahmen der Hygienetechnik einen signifikanten Beitrag leisten, um Antibiotikaresistenzen zu vermeiden.
Hintergrund: Vom 18. bis 24. November findet die „Weltwoche für den verantwortungsvollen Gebrauch von antimikrobiellen Mitteln“ statt.