Mobilitätsdatenverordnung nur ein Fahrtbeginn
In Echtzeit sehen, wie voll Straßenbahnen sind oder welches Taxi verfügbar ist: Möglich machen soll das die sogenannte “Mobilithek”. Ein Beschluss der am 1. Juli eintretenden Mobilitätsdatenverordnung. Der VDI begrüßt diese, weist aber auf die Notwendigkeit einer umfassenden Rechtsgrundlage hin.
Nach der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat hat am 15. Juni 2022 das Bundeskabinett den letzten Änderungswünschen der Länderkammer zugestimmt und somit die Mobilitätsdatenverordnung auf den Weg gebracht. Die Daten werden ab Juli 2022 in der Mobilithek als nationaler Datenzugangspunkt bereitgestellt. “Ich begrüße grundsätzlich die Mobilitätsdatenverordnung, die ab dem 1. Juli den Austausch von Mobilitätsdaten in Fahrt bringen soll”, sagt Dr.-Ing. E.h. Jürgen Bönninger, Themensprecher automatisiertes und vernetztes Fahren der „Berliner Erklärung zur Fahrzeugsicherheit“ der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (VDI-FVT). Der Experte weist allerdings darauf hin, dass die Verordnung “nur ein Fahrtbeginn sein kann”. Die vorliegende Mobilitätsdatenverordnung gelte lediglich für Marktteilnehmer*innen, die den Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes unterliegen.
“Benötigt wird jedoch eine Rechtsgrundlage, die alle Marktteilnehmer berücksichtigt. Das im Koalitionsvertrag der neuen Regierung angekündigte und noch zu erarbeitende Mobilitätsdatengesetz wird hierzu eine gute Chance bieten”, merkt Bönninger an.
Das Gesetz soll den Straßenverkehr zudem besser steuerbar machen. Das kann unter anderem bedeuten, dass Verkehrsteilnehmer*innen ein anderer Weg vorgeschlagen wird, um schneller ans Ziel zu kommen. “Darüber hinaus sollten diese Mobilitätsdaten auch zur Wahrung der Verkehrssicherheit, des Klimaschutzes und zu Zwecken der Verkehrslenkung sowie zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben über den Nationalen Zugangspunkt, der den Zugang auf die Mobilitätsdaten verwaltet, bereitgestellt werden”, merkt der Experte der VDI-FVT an.
Vernetzte Mobilität ist auf Daten angewiesen. Ohne Echtzeitdaten ist eine nachhaltige Verkehrsplanung oder individuelle Wahl des Verkehrsmittels kaum möglich. Verkehrsunternehmen sind ab dem Stichtag aufgefordert, Daten in der Mobilithek zu hinterlegen. Laut Jürgen Bönninger sollten Gemeinwohlzwecke berücksichtigt werden: “Zukünftig sollten alle Fahrzeuge, die vernetzt unterwegs sind, Daten, die für Gemeinwohlzwecke nützlich sind, diese auch für diese Zwecke zur Verfügung stellen können.”
Beim Individualverkehr sieht der Vorsitzende des Richtliniengremiums Kraftfahrsachverständiger für assistiertes, automatisiertes und vernetztes Fahren hinsichtlich des Datenrechts Nachholbedarf: “Im Gegensatz zum Linien- und Gelegenheitsverkehr, die dem Personenbeförderungsgesetz unterliegen, sollte für den Individualverkehr der Halter beziehungsweise Nutzer klar als Souverän der anfallenden Daten des Fahrzeugs benannt werden. Darüber hinaus sind Leitlinien erforderlich, die dem Nutzer das Wahrnehmen seiner Rechte ermöglicht. Danach sollte dem Halter beziehungsweise Nutzer das Recht eingeräumt werden, selbst Einsicht in die Daten zu nehmen und frei darüber zu entscheiden, ob er die Daten auch Dritten zur Verfügung stellt.” Eine solche Rechtsgrundlage schaffe Vertrauen in neue Digitalsysteme, die das Teilen und gemeinsame Nutzen von Mobilitätsdaten und die Beseitigung der Barrieren für den Austausch von nichtpersonenbezogenen Daten für Gemeinwohlzwecke fördern.
“Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass ich mir von dem noch zu erarbeitenden Mobilitätsdatengesetz der Regierung eine Stärkung der Rechte der Halter beziehungsweise Nutzer von Fahrzeugen erhoffe. Gleichzeitig soll dieses Gesetz die Grundlage für eine nachhaltige, zukunftsweisende Datenstrategie eröffnen, die dem Gemeinwohl dienende sowohl kommerzielle als auch hoheitliche Zwecke erfüllt”, so Bönninger.
Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl. Ing. Christoff Kerkhoff
Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik
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