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Interkulturelle Kommunikation

„Mit ein wenig kultureller Awareness hat man meist schon 80% des Ziels erreicht.“

Bild: PeopleImages.com - Yuri A

Die Welt ist kleiner geworden und während wir im Urlaub von anderen Kulturen schwärmen, bergen die unterschiedlichen Erfahrungen und Erwartungen doch so manches Konfliktpotenzial für die berufliche Zusammenarbeit. Um auch auf internationaler Ebene erfolgreich zusammenzuarbeiten, kann ein Training in interkultureller Kommunikation helfen. Stephan Ruppert gibt im Interview wertvolle Tipps für „grenzenlos“ gutes Verständnis.

Interkulturelle Kommunikation - funktioniert Kommunikation denn in anderen Kulturen wirklich anders?

Stephan Ruppert:

Das Gute ist, 90% der Kommunikation verläuft in anderen Kulturen ganz ähnlich. Wenn wir nach China fahren, können wir mit den Leuten reden und das Überwiegende der Kommunikation funktioniert. Aber dann gibt es diese 10%, wo man merkt, verschiedene Kulturen kommunizieren sehr unterschiedlich, vor Allem in kritischen Situationen.

Da geht es zum Beispiel darum, wie Konflikte kommuniziert werden. Werden diese direkt adressiert oder geht man Konflikten aus dem Weg und klärt das dann auf dem indirekten Weg.

Wie gehen Kulturen mit Pünktlichkeit und Deadlines um? Hält man sich sehr strikt daran oder hat man einen etwas „fluiden“ Umgang damit? Gerade das ist ein Thema für uns Deutsche, wo wir anecken.

Ebenso der Umgang mit Emotionen. Wir haben gelernt, dass Emotionen nicht ins Business gehören. In anderen Kulturen ist es aber üblich, dass man viel mehr Leidenschaft im positiven Sinne zeigt. Aber auch, wenn einem irgendwas missfällt, zeigt man seine Emotionen stärker, auch körperlich mit Händen und Füßen.

Gibt es die typische Verhaltensweise oder das typische Missverständnis?

Stephan Ruppert: Wenn ich mal von den Deutschen ausgehe, wird meist ein Thema zuerst genannt: Direkte Kommunikation ist typisch deutsch. Natürlich sind wir auch nicht alle gleich. Aber im Vergleich zu anderen Kulturen werden wir doch als sehr direkt wahrgenommen.

Das heißt, wenn es ein Problem gibt – irgendeine Art von negativem Feedback – dann wollen wir es direkt aussprechen. Gerade in diesem Punkt sind die meisten anderen Kulturen eher indirekter unterwegs, sowohl die asiatischen Kulturen als auch zum Beispiel Brasilien.

Wir haben eine sehr starke Sachorientierung; also trennen sehr stark das Persönliche vom Dienstlichen oder vom Beruflichen. Dabei ist es in den meisten anderen Kulturen sehr wichtig, erstmal ein persönliches Verhältnis aufzubauen, bevor man überhaupt über das Business redet.

Dann der Umgang mit Regeln. Wir haben ein sehr klares Verständnis davon, dass Regeln immer und für Alle gelten, während man in einigen anderen Kulturen sagt: Na ja, das kann man auch anders auslegen, das nehmen wir nicht so genau. Häufig versteht man dort auch Verträge eher als Absichtserklärung und nicht unbedingt als hundertprozentiges Commitment.

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Aber wie bemerke ich überhaupt, das was schiefläuft?

Stephan Ruppert: Also zum einen natürlich, indem man ein bisschen die Antennen spitzt, zum Beispiel durch ein interkulturelles Training.

Das ist der erste sehr wichtige Schritt: Kulturelle Unterschiede zu bemerken und bei der nächsten Kommunikation stärker auf Signale – auch nonverbale – zu achten. Beispielsweise wenn plötzlich das gegenüber nichts mehr sagt, also wenn die Kommunikation abbricht oder die Mimik und Gestik anders ist.

Das sind oft Zeichen dafür, dass etwas den Erwartungen nicht entspricht und sich jemand auf die Füße getreten fühlt. Wichtig ist auch, genau darauf zu achten, was nach dem Gespräch passiert. Tun sie, was man verabredet hat oder funktioniert plötzlich etwas nicht?

Dann ist das Wichtige darüber nachzudenken, ob es sich vielleicht um ein interkulturelles Problem handelt, oder ob etwas in der Kommunikation falsch gelaufen ist. Oft wird dann sehr schnell geschlussfolgert, dass das Gegenüber offensichtlich unfähig oder unwillig ist. Ganz nach dem Motto: Die spinnen die Römer. Anstatt sich mal zu fragen, habe ich mit meinem Verhalten irgendwie dazu beigetragen? Mit meiner Kommunikation vielleicht jemand in die Ecke getrieben? Habe ich hier vielleicht Regeln verletzt?

Wenn wir da eine gewissen Awareness entwickeln und anerkennen, dass die Regeln, die für uns selbstverständlich scheinen, nicht überall auf der Welt gelten, und andere Menschen Dinge eventuell völlig anders sehen, ist man aus meiner Erfahrung schon 80 % des Weges gegangen.

Und was hilft mir für die letzten 20%?

Stephan Ruppert: Also generell geht es erstens immer um Awareness. Das zweite ist, eine entsprechende Einstellung zu entwickeln, dass ich einfach auch akzeptieren kann: Mein Maßstab ist nicht der Maßstab der ganzen Welt. Und dass ich eine gewisse Offenheit habe auch zu sagen, ich sehe das jetzt mal aus der anderen Perspektive. Und das Dritte ist natürlich das Wissen. Ich sollte ein paar Sachen lernen, speziell über dieses eine bestimmte Land, in das ich gehe.

Für die ersten gibt es interkulturelle Trainings, die sind länderunabhängig. Da geht es einfach darum, wie arbeiten wir in multikulturellen Teams oder wie arbeiten wir mit ganz vielen verschiedenen Ländern zusammen.

Zusätzlich gibt es aber auch gezielte Länder-Trainings. Beispielsweise wenn ich weiß, ich gehe jetzt für drei Wochen nach China. Dann hilft es mir zu verstehen, dass zum Beispiel Beziehungsaufbau in China wichtig ist und es also durchaus eine Funktion hat, wenn die erstmal mit mir einen halben Tag lang Tee trinken und essen gehen und über private Sachen sprechen. Denn dann sollte ich als Deutscher nicht gleich nervös werden und sagen: Jetzt mal Butter bei die Fische.

Letztlich schafft dieses ganze Wissen die Grundlage, damit Missverständnisse im Idealfall gar nicht erst entstehen. Das wird nicht immer gelingen, aber man erkennt zumindest, wenn etwas schief gelaufen ist.

Dann geht man nochmal auf den Kollegen zu und spricht darüber. Machen wir es auf die deutsche Art oder auf die chinesische oder treffen wir uns in der Mitte. Im besten Fall findet man auch eine Ebene, wo man dann hier und da drüber lachen kann.

Das Interview führte Gudrun Huneke

Zur Person:

Dr. Stephan Ruppert arbeitete von 2012 bis 2015 für Beiersdorf in China und hat dort in Wuhan ein Forschungs- und Entwicklungszentrum aufgebaut. Dabei hat er auch erlebt, wie wesentlich interkulturelle Kommunikation für den Erfolg eines solchen Unternehmens ist und seine Leidenschaft und Faszination für China entdeckt. Seitdem hilft Stephan Ruppert andern Menschen dabei, effizient und ohne Missverständnisse mit fremden Kulturen zu kommunizieren und langfristige Beziehungen aufzubauen. Er arbeitet als Trainer für interkulturelle Kommunikation und ist Dozent an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg für Intercultural Business Communication.

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