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VDI-Statusreport

Maschinelles Lernen: Was geht (schon), was (noch) nicht?

Maschinelles Lernen ist die Schlüsseltechnologie intelligenter Systeme. Durch die fortschreitende Digitalisierung wird sie wirtschaftlich, gesellschaftlich und strategisch immer wichtiger. Ihr Einsatz wird in vielen Anwendungsgebieten wettbewerbsentscheidend sein. Doch wo stößt das Maschinelle Lernen an seine Grenzen? In ihrem aktuellen Statusreport zeigt die VDI-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik die Herausforderungen im praktischen Einsatz.

Wie der Name schon sagt: Beim Maschinellen Lernen (ML) wird eine Maschine, also ein Computer, in die Lage versetzt, mit Hilfe von Algorithmen aus vorgelegten Datensätzen zu lernen. Das funktioniert überall dort besonders gut, wo viele repräsentative und verlässlich annotierte, also um strukturierte Zusatzinformationen ergänzte Daten verfügbar sind. Und weil es überall Daten gibt, sind ML-Techniken dabei, sämtliche Branchen und Lebensbereiche nachhaltig zu beeinflussen. Das geschieht heute vor allem bei der Bild- bzw. Videoanalyse und in der Sprachverarbeitung. Vorreiterbranchen sind neben den Technologiekonzernen der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobilindustrie und das Gesundheitswesen.

Folgende Branchen ziehen schon nach oder setzen in naher Zukunft ML ein:

  • Telekommunikation
  • Landwirtschaft
  • Kundendienst
  • Konsumelektronik
  • Anbieter von Smart-Home-Anwendungen  
  • Verteidigung
  • zivile Sicherheit und 
  • öffentliche Verwaltung

    Maschinelles Lernen: Technologiekonzerne sind noch Markführer 

    Klare Marktführer im Bereich des ML sind aktuell die großen Technologiekonzerne. Mittels Künstlicher Intelligenz (KI) können sie Kundenbedürfnisse leichter erkennen, analysieren und umsetzen. Werbemaßnahmen können individueller auf den Kunden zugeschnitten werden: Der Umsatz steigt und die Kundenzufriedenheit auch. Gleichzeitig sinken die Herstellungskosten durch geringere Personalkosten und bessere Produktqualität. Nicht umsonst investieren Industrie- und Technologieunternehmen jährlich viele Millionen in die Forschung und Entwicklung von ML-Verfahren. Ziel ist es, die bestehenden Anwendungen weiterzuentwickeln, insbesondere bei der Bild- und Objekterkennung, der Verarbeitung natürlicher Sprache und der intelligenten Robotersteuerung.

    Am Beispiel Landwirtschaft wird deutlich, dass der Einsatz von KI zunehmend neue Branchen erobert: ML-gestützte Datenanalysen und intelligente, autonome Landmaschinen tragen dazu bei, die Produktivität, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Drohnen erfassen mittels Sensoren Daten zur Bodenbeschaffenheit, zum Pflanzenwachstum oder zu Witterungseinflüssen. Der Landwirt kann auf dieser Grundlage Schädlinge gezielter bekämpfen oder braucht nur dort zu düngen, wo es gerade erforderlich ist. 

    ML kombiniert mit Robotik ermöglicht eine intelligente Landnutzung und erhöht die Lebensmittelsicherheit. Und die Entwickler der entsprechenden Software partizipieren ebenfalls: Laut Prognosen von Tractica, einem Marktforschungsunternehmen aus Colorado/USA, werden die jährlichen Umsätze im Jahr 2025 allein in der US-amerikanischen Landwirtschaft bis zu 2,1 Mrd. Dollar betragen.

    Die Grenzen der Praxistauglichkeit

    Schwierig wird der Einsatz von ML, wenn hohe Anforderungen an die Fehlerfreiheit gestellt werden. Das ist beispielsweise bei der Prüfung von sicherheitsrelevanten Präzisionsbauteilen in der Automobilindustrie der Fall. Hier sind maximale Fehlerraten von 1 bis 10 ppm (parts per Million) zulässig. Darf kein fehlerhaftes Teil die Produktion verlassen, spricht der Ingenieur von „Null-Schlupf“. ML-basierte Prüfverfahren als Teildisziplinen der industriellen Bildverarbeitung sind von solchen Fehlerraten aktuell noch zu weit entfernt. 

    Verfügbare Datenmengen sowie Rechenzeit und -leistung sind weitere Parameter, die die Praxistauglichkeit des ML beeinflussen. Je geringer hingegen der Trainingsaufwand der verwendeten Neuronalen Netze ist und je robuster, sicherer und transparenter diese Modelle sind, desto leistungsfähiger und flexibler anwendbar ist ML.

    Ethik, Recht und Werte – auch beim Maschinellen Lernen von Bedeutung

    Doch es geht nicht allein um die technischen Rahmenbedingungen und Entwicklungen: ML-Anwendungen dürfen ethische Prinzipien nicht verletzen oder diskriminierend sein – denkbar beispielsweise bei der KI-basierten Bewerberauswahl für Vorstellungsgespräche. Unternehmen könnten schon bei der Vorauswahl nach bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen filtern. Auch soziale Aspekte sind zu klären, etwa die aufkommenden Sorgen vor einem Verlust der menschlichen Entscheidungshoheit sowie Haftungs- und Urheberrechtsfragen, und nicht zuletzt der Daten- und Verbraucherschutz.

    Kompetenzen von Menschen und Maschinen kombinieren

    Treffen in Zukunft ML-basierte Anwendungen Entscheidungen zunehmend selbstständig, spielt der Mensch nach wie vor die entscheidende Rolle. Ohne entsprechend ausgebildete Daten- und KI-Fachkräfte lässt sich ML nicht an den jeweiligen Bedarf der Branchen anpassen. Die Kompetenzen von Menschen und Maschinen zweckmäßig zu kombinieren ist eine gemeinsame Zukunftsaufgabe für Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. So kann Deutschland bei der Weiterentwicklung intelligenter Systeme und Anwendungen wettbewerbsfähig bleiben.

    Der VDI-Statusreport „Maschinelles Lernen“ vom November 2019 ist von der VDI-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik, Fachbereich Optische Technologien herausgegeben worden.

    Interesse an weiteren Fachartikeln zu diesem Statusreport? Dann schauen Sie sich bitte die folgenden Beiträge an:

    Am Statusreport haben neben haupt- und ehrenamtlichen Experten des VDI, Vertreter von Hochschulen, aus dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung sowie Hersteller von industriellen Software- und Sensorlösungen mitgewirkt.

    Fachlicher Ansprechpartner:
    Dr.-Ing. Erik Marquardt
    E-Mail-Adresse: marquardt@vdi.de

    Autorin: Alice Quack

     

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