Luftqualität in Europa verbessert sich
Die Menschen in Europa atmen zunehmend saubere Luft ein. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich die Luftqualität auf dem Kontinent spürbar verbessert. Allerdings nicht spürbar genug.
Das geht aus den neuesten Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EUA) hervor, die belegen, dass die Luftverschmutzung allein durch Feinstaub europaweit geschätzt zu rund 400.000 berechneten vorzeitigen Todesfällen im Jahr 2018 führte.
Der EUA-Bericht 2020 über die Luftqualität in Europa zeigt, dass die Menschen immer geringeren Luftschadstoff-Konzentrationen ausgesetzt sind. Die Konzentrationen gravierender Luftschadstoffstoffe für die menschliche Gesundheit wie Feinstaub (PM) sowie Stickstoffdioxid (NO2) sind in Europa im Vergleich von 2009 zu 2018 um etwa 20 Prozent gesunken.
Einen wesentlichen Grund für die höhere Luftqualität sehen die EUA-Fachleute im Rückgang der Emissionen in Schlüsselsektoren wie dem Verkehr und der Energieversorgung. Beim Transport sei der Ausstoß von Schadstoffen wie NO2 seit dem Jahr 2000 trotz einer gesteigerten Mobilitätsnachfrage und der damit verbundenen Zunahme der Treibhausgas-Emissionen klar zurückgegangen. Auch im Energiesektor sind die Emissionsverringerungen beachtlich.
Corona-Lockdown-Maßnahmen senken Luftverschmutzung massiv
Die im Frühjahr 2020 verhängten Ausgangsbeschränkungen in Folge der COVID-19-Pandemie haben in vielen europäischen Staaten zu erheblichen Reduzierungen der Luftverschmutzung geführt. Der EUA-Bericht stellt fest, dass sich einige Schadstoffe laut vorläufiger Auswertung in zahlreichen europäischen Ländern in Einzelfällen um bis zu 60 Prozent verringert haben. Die Stickstoffdioxid-Konzentration im April 2020 etwa sei in Deutschland um circa 30 Prozent geringer gewesen. In Ländern mit weitreichenden Lockdowns wie Spanien, Frankreich und Italien waren diese Verringerungen noch stärker. Grund dafür sei hauptsächlich der durch die Lockdowns bedingte Rückgang des Straßen- und Luftverkehrs.
Gefahr durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon bleibt
Die positiven Entwicklungen können allerdings nicht verhehlen, dass dennoch nahezu alle Menschen in Europa, vor allem in Ballungsgebieten, an Luftverschmutzung insbesondere durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon leiden – und das mit entsprechenden Konsequenzen für ihre Gesundheit. Laut der Behörde mit Sitz in Kopenhagen sind im Jahr 2018 allein in Deutschland 63.100 vorzeitige Todesfälle der Belastung mit Feinstaub (PM2,5 Fraktion) zuzurechnen. Auch wenn es sich bei diesen Todesfallzahlen um „vorzeitige Todesfälle" oder um „verlorene Lebensjahre“ handelt, zu deren Berechnung etablierte statistische Modelle herangezogen werden, wird deutlich: Investitionen in eine bessere Luftqualität sind für alle Europäer von enormer Bedeutung.
Luftreinhaltung und Klimawandel zusammendenken
Auf dem Weg zu einer besseren Luft sieht die Europäische Umweltagentur die schnelle Umsetzung von Umwelt- und Klimamaßnahmen als Schlüsselfaktor. Diese Ansicht wird auch von der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) nachdrücklich unterstützt. In ihrer Roadmap „Kommission Reinhaltung der Luft 2030“ fordert sie, die Luftreinhaltung, das Klima und den Klimawandel integriert als Ganzes zu betrachten. Eine Verringerung der Luftschadstoffe bei gleichzeitiger Senkung der Emissionen von Treibhausgasen ist nicht immer möglich. Häufig wäre die Absenkung von Emissionsgrenzwerten mit erhöhten Treibhausgasemissionen aufgrund des erhöhten Energiebedarfs verbunden. Erforderlich ist daher eine Gesamtbetrachtung im Sinne der Definition des Stands der Technik und ein konsequentes Weiterdenken, damit solche widerstrebenden Ziele in der Praxis gut gelöst werden.
Autor: Stephan Berends
Fachlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Jochen Theloke
Geschäftsführer der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) - Normenausschuss
E-Mail: theloke@vdi.de