Ecodesign – von A bis Z nachhaltig denken
Der Akku macht schlapp, die Kaffeemaschine streikt oder der Bildschirm flackert, in den meisten Fällen informieren wir uns dann über verfügbare Neugeräte anstatt über Reparaturmöglichkeiten. Während wir früher auch als Laien die Akkus tauschen konnten, sind viele Teile heutzutage fest verbaut und eine Reparatur nicht oder nur zu hohen Kosten möglich. Zugleich legen wir mehr Wert auf Nachhaltigkeit und faire Produkte, denn natürliche Ressourcen sind knapp und werden immer teurer. Hier setzt Ecodesign an.
Denn auch politisch spielen Nachhaltigkeit und Recycling eine wachsende Rolle. Erste Wege aus der „Wegwerfgesellschaft“ ebnet die Ökodesign-Verordnung, die in der EU nachhaltige Produkte zum Standard machen möchte. Ecodesign ist dabei ein Hebel, um Prozesse neu zu denken und Lösungen zu finden, damit Produkte zukünftig:
- länger halten,
- repariert werden können,
- einen gewissen Anteil an recyceltem Material enthalten,
- am Ende ihrer Nutzung gut zerlegt werden können und deren Bestandteile wiederverwendet werden können.
Denn damit Europa nachhaltiger und klimaneutral wird, braucht es eine echte Kreislaufwirtschaft - von der Gewinnung von Rohstoffen bis zur Entsorgung.
Ecodesign (oft auch Green Design oder Öko-Design) fokussiert vor allem darauf, ökologische und ökonomische Vorteile durch gute Gestaltungslösungen zu vereinen. Ecodesign nutzt eine systematische Vorgehensweise, die zum Ziel hat, möglichst frühzeitig ökologische Aspekte in den Produktplanungs-, - entwicklungs- und -gestaltungsprozess einzubringen. Das heißt, zu den klassischen Kriterien der Produktentwicklung wie Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, Zuverlässigkeit, Ergonomie, technische Machbarkeit und nicht zuletzt Ästhetik kommt die Anforderung Umwelt hinzu. Die Bezeichnung Ecodesign drückt aus, dass Ökologie (Ecology) und Ökonomie (Economy) innerhalb der Ecodesign-Vorgehensweise mit Hilfe von gutem Design vereint werden sollen. (Quelle: Was ist Ecodesign? Praxishandbuch für Ecodesign herausgegeben vom Umweltbundesamt)
Konsum vom Ressourcen- und Energieverbrauch entkoppeln
Neben den klassischen Kriterien wie Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und technischer Machbarkeit, spielt zukünftig das Ecodesign - also der Aspekt Umwelt eine zentrale Rolle. Wenn Produkte künftig ressourcensparend hergestellt werden, langlebig und reparierbar sowie energieeffizient sind, kann es gelingen den Konsum in Teilen vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln.
Das wäre ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel und in der Förderung nachhaltiger Entwicklung. So können negative Auswirkungen der Produktion auf die Umwelt reduziert werden und wertvolle Rohstoffe durch optimierte Produktions- und Entsorgungsprozesse auch nach der Nutzung erhalten bleiben.
Weitere Anforderungen sind:
- Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit, Reparierbarkeit, einfache Wartung und Aufarbeitung,
- Beschränkungen vorhandener Stoffe, die die Kreislauffähigkeit von Produkten und Materialien beeinträchtigen,
- ein geringer Energieverbrauch bzw. die Energieeffizienz in der Nutzung von Produkten,
- der reduzierte Ressourceneinsatz bzw. die Ressourceneffizienz von Produkten,
- Mindestquoten für Rezyklate in Produkten,
- eine leichte Demontage und Wiederaufarbeitung sowie ein einfaches Recycling von Produkten und Materialien,
- Verringerung der Umweltauswirkungen von Produkten über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich ihres CO2-Fußabdrucks und ihres Umweltfußabdrucks und
- die Vermeidung und Verringerung von Abfällen, einschließlich Verpackungsabfällen.
Effizienz
Unter Effizienz lässt sich das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand bemessen, wodurch sich im Kontext des Ecodesigns die Effizienz als ein Maßstab für Ressourcenwirtschaftlichkeit oder auch Ressourcenproduktivität verstehen lässt. Ziel dieser Strategie ist es, die Ressourcenaufwendungen bei der Herstellung, im Betrieb aber auch der Entsorgung im Rahmen von Ressourcenknappheit und entgegen der steigenden Weltbevölkerungszahl so zu minimieren, dass der drohende Ressourcenmangel der Zukunft vermieden werden kann. Mögliche Ansätze in der Produktgestaltung sind der Einsatz von Sekundärrohstoffen, die fertigungsgerechte Gestaltung, die reparaturgerechte Gestaltung oder eine Leichtbauweise.
Konsistenz
Im Kontext des Ecodesigns kann der Begriff Konsistenz vereinfacht als Anpassung von Produktionsprozessen an die Organisations- und Wirkprozesse der Natur beschrieben werden. Das Ziel ist nicht die Dematerialisierung, sondern die (wie in der Natur) immerwährende Wieder- oder Weiternutzung von Materialien im Wirtschaftssystem. Ansätze sind der Einsatz recycelter als auch recycelbarer Materialien mit einem Recycling ohne Qualitätsverluste, der Einsatz erneuerbarer Energien, oder die Kompostierbarkeit von Materialien. Synonym wird auch der Begriff Ökoeffektivität benutzt.
Suffizienz
Die Suffizienz hat die absolute Senkung des Ressourceneinsatzes zum Ziel. Oft wird unter Suffizienz der generelle Verzicht bzw. die Verringerung der Nachfrage nach dem Produkt gesehen. Bei einer breiteren Interpretation kann die Suffizienz aber auch als „weniger ist mehr“ oder „von nichts zu viel“ betrachtet werden. Mögliche Ansatzpunkte sind hiernach die Vermeidung des Einsatzes natürlicher Ressourcen bei der Herstellung, minimalistische Funktionen im Produkt, eine Abkehr von verschwenderischen Verhaltensweisen des Nutzers, aber auch eine Änderung der Nutzungsform des Produkts (Beispiel: Carsharing).
(Quelle: Vajna, S., Hg. (2022): Integrated Design Engineering – Interdisziplinare und ganzheitliche Produktentwicklung. 2. Auflage, Berlin, Germany, Springer Vieweg, ISBN 978-3-662-60438-0, S. 213ff)
Das Recht auf Reparatur
Zudem wurde auf Basis des Entwurfs der Ökodesign-Verordnung auf EU-Ebene das "Recht auf Reparatur" geschaffen. So soll für einige Produktgruppen eine frühzeitige Produktentsorgung oder Neuanschaffung vermieden werden. Dieses Recht stellt sicher, dass eine leichte und kostengünstige Reparierbarkeit gegeben ist und Ersatzteile verfügbar sind. Zudem wird die Reparatur ein verpflichtender Teil des Kundenservice. So sollen Verbraucher auch nach der gesetzlichen Gewährleistung eine Reparatur verlangen können.
Im Februar 2024 haben sich das EU-Parlament und der EU-Rat politisch auf eine entsprechende Richtlinie geeinigt, nach deren Veröffentlichung wird eine nationale Umsetzung der Richtlinie erfolgen. Derzeit erarbeitet das Bundesumweltministerium ein Reparatur-Gesetz, das in diesem Jahr dem deutschen Parlament vorgelegt werden soll.
Diese Entwicklungen spiegeln sich auch im gestiegenen Umweltbewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher wider. Schon lange ist Nachhaltigkeit kein Trend mehr, sondern ein wachsendes Bedürfnis, um den Klimawandel aktiv zu bekämpfen und eine nachhaltigere Zukunft auch für künftige Generationen zu schaffen.
Ecodesign als Beitrag zur nachhaltigen Transformation
Rohstoffe werden immer knapper und so auch deutlich teurer, da aber ein Großteil der Produktkosten für Rohstoffe und Herstellung anfallen, haben auch Unternehmen ein großes wirtschaftliches Interesse an nachhaltigen, effizienteren und kreislauffähigen Innovationen. Zudem geht es auch darum geändertes Nutzungsverhalten zu fördern oder andere Nutzungsformen mitzudenken, seien es Sharingkonzepte, Reparaturangebote oder einfach eine längere Nutzungsdauer.
Zahlreiche Anbieter haben das bereits als Wettbewerbsvorteil entdeckt: Die einen bieten Smartphones mit langer Software-Update-Garantie und wechselbaren Akkus, die anderen nehmen ihre Produkte zurück und bringen sie erneuert auf den Markt. Oft haben schon kleine Veränderungen eine große Wirkung. So wird heute oft auf Plastikverpackungen verzichtet oder diese werden durch biologisch abbaubare Verpackungen ersetzt. Das vermeidet große Mengen Plastikmüll und spart somit Ressourcen wie Erdöl ein.
Auch das Umweltbundesamt fördert diesen Innovationsgeist: „Der Bundespreis Ecodesign ehrt Designer*innen, Unternehmen und Studierende aus Deutschland und Europa, die mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft leisten.“ Interessierte Unternehmen und kreative Köpfe können ihre Vorschläge noch bis zum 15. April 2024 einreichen. Mehr Informationen auf der Webseite Bundespreis Ecodesign.
Denn durch die Umstellung auf energieeffiziente und ressourcenschonende Produkte sowie die Förderung von Reparatur und Wiederverwendung können wir unseren ökologischen Fußabdruck reduzieren und einen wichtigen Beitrag zum Schutz unseres Planeten leisten.
Autoren: Gudrun Huneke, Sören Lenz
Ansprechpartnerin im VDI:
Dr.-Ing. Daniela Hein
VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung
E-Mail: hein@vdi.de