Digitale Hochschulbildung soll fachübergreifend und topaktuell sein
Neue Lehrpläne an Hochschulen sollten agil, flexibel und zielgerichtet entwickelt werden. Zudem müssen die Studiengänge persönliche, ethisch-soziale und methodische Kompetenzen stärker als bisher fördern. Auch praxisnahe, fachliche sowie fachübergreifende Lehrinhalte oder Partnerschaften mit Unternehmen sind in der Ingenieurausbildung bedeutsamer denn je.
Derart vorbereitet können die Ingenieur*innen von morgen besser in die digitale Arbeitswelt starten. Und das ist wichtig. Schließlich hängt die Zukunft des Technologie- und Innovationsstandorts Deutschland besonders von der erfolgreichen und zeitnahen Digitalisierung von Wirtschaft, Forschung und Lehre ab.
Mehr digitale Inhalte an Hochschulen
Für die Ingenieurausbildung an Hochschulen bedeutet die Einbindung digitaler Inhalte insbesondere,
- den Aufbau von digitaler Fachkompetenz, indem digitale Lehrinhalte verpflichtend aufgenommen werden, um die Komplexität der Industrie 4.0 bewältigen zu können,
- digitale Fachkompetenzen anwendungsnah zu vermitteln,
- dass auch Lehrkräfte ihre digitalen Kompetenzen erhöhen.
Digitalisierung wird die Innovationszyklen deutlich verkürzen. Dabei schaffen digitale Tools und neue Technologien neue Arbeitsfelder, machen die Arbeitswelt von Ingenieur*innen aber auch komplexer und unübersichtlicher. Und genau diese neue Komplexität müssen Studierende bereits im Studium flexibel und methodisch lernen. Für Studierende gilt es daher, ihr Know-how in einer Ingenieursdisziplin um solide Grundkenntnisse in digitalen Disziplinen zu erweitern.
Herausforderung: Lehrpläne weiterentwickeln
Die richtige Mischung aus neuen und alten Studieninhalten ist eine große Herausforderung für moderne Lehrpläne in der Ingenieurausbildung. Neben Grund- und Fachkenntnissen müssen angehende Ingenieur*innen weitere Kompetenzen erwerben. Besonders wichtig ist es, sich fachübergreifende Inhalte selbstständig aneignen zu können.
Um auf die Arbeitswelt der Zukunft vorzubereiten, müssen Studiengänge zur Ingenieurausbildung noch praxisnäher werden. Hochschulen reagieren zunehmend darauf, indem sie praxisorientierte Lernfabriken in Zusammenarbeit mit Unternehmen einrichten oder Praxis-Projekte als roten Leitfaden für das ingenieurwissenschaftliche Studium vorgeben. Im Zentrum stehen hier eine Ermöglichungsdidaktik sowie das Lernen anhand konkreter Problemstellungen aus der Praxis.
Zu den (künftigen) Schlüsselkompetenzen von Ingenieur*innen zählen:
- das Denken in Systemen
- der Umgang mit komplexen Herausforderungen
- Reflexion über die Auswirkungen des eigenen Tuns
- Kommunikations- und Organisationsfähigkeit
- die Fähigkeit, Probleme kreativ zu lösen
- das Denken in Geschäftsmodellen
Hierzu müssen die Hochschulen ihr Ausbildungssystem fortlaufend evaluieren, aktualisieren und modernisieren, so die VDI-Empfehlung. Dazu braucht es zukunftsorientierte Konzepte, die vorgeben, wie Studierende fachliche und fachübergreifende Kompetenzen erwerben können. Die fachübergreifende Projektarbeit ist ein Beispiel dafür.
Neben digitalen Kompetenzen sind in der Ingenieurausbildung auch Soft Skills wie Teamfähigkeit sowie interkulturelle Kompetenz besonders wichtig. Denn durch die Globalisierung von Produkten und Märkten ist ein sensibler Umgang mit anderen Kulturen und Denkweisen ein absolutes Muss. Somit steigen zugleich Anspruch und Bedarf an Teamfähigkeit und Eigenverantwortung.
Ethik und Nachhaltigkeit wichtiger denn je
Die Bereiche Ethik und Nachhaltigkeit werden in der Ingenieurausbildung ebenfalls relevant. Ingenieur*innen sollten sich ihrer neuen Rolle bei der Lösung zentraler Probleme der Menschheit und der Umsetzung der „UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung“ bewusst werden. Eine wichtige Kompetenz hierfür ist die Technikfolgenabschätzung. Das wiederum könnte eine Art „Eid des Leonardo da Vinci“ im Sinne einer Selbstverpflichtung des Ingenieurberufs erfordern.
Außerdem werden Ingenieur*innen der Zukunft Innovationsmanager sein und „unternehmerisch“ denken müssen. Hochschulen können hier gezielt Unternehmertum und -geist durch entsprechende Lehrinhalte und Projekte fördern. Hierzu gehört es auch, Eigenverantwortung zu stärken und die Studierenden für eine neue Fehlerkultur zu sensibilisieren, die negative Erfahrungen als produktiven Teil des Entwicklungsprozesses begreift.
Zur Studie „Ingenieurausbildung für die Digitale Transformation“
Die Studie hat unter anderem den Istzustand der Kompetenzen in der Digitalen Transformation in ingenieurwissenschaftlichen Lehrplänen und Studiengängen ermittelt. Die Autoren haben hierfür relevante wissenschaftliche Literatur analysiert. Zu den Quellen der META-Analyse zählen:
- Untersuchungen zur Ingenieurausbildung
- Tagungsbände sowie Veranstaltungs- und Vortragsdokumentationen von Fachkonferenzen
- Positions- und Diskussionspapiere zur Weiterentwicklung des Ingenieurstudiums
- Positions- und Diskussionspapiere zu den Auswirkungen der Digitalen Transformation auf die Entwicklung der Lehrpläne
Folgende Institutionen sind in die Analyse einbezogen worden:
- Ingenieurtechnische Fachgesellschaften
- Institutionen der Hochschulforschung
- Wirtschafts- und Branchenverbände
- Internationale Wirtschaftsorganisationen
- Bundesministerien und bildungspolitische Akteure
In die Studie „Ingenieurausbildung für die Digitale Transformation“ sind insgesamt die Erkenntnisse von über 50 Erhebungen, Analysen, Tagungsbänden, Positions- und Diskussionspapieren aus einem Zeitraum von den späten 1990er-Jahren bis 2019 eingeflossen. Deutsche und internationale Publikationen sind analysiert worden. Ausgehend von dieser Analyse soll eine adäquate Ausbildung für die Digitale Transformation entwickelt werden.
Autor: Angelika Baumann
Redaktion: Thomas Kresser