VDI 2047 Blatt 2
Rückkühlwerke - Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen (VDI-Kühlturmregeln)
Auf einen Blick
- Englischer Titel
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Open recooler systems - Securing hygienically sound operation of evaporative cooling systems (VDI Cooling Tower Code of Practice)
- Erscheinungsdatum
- 2019-01
- Herausgeber
- Bauen und Gebäudetechnik
- Autor
- Technische Gebäudeausrüstung
- Zugehörige Handbücher
- Seitenanzahl
- 67
- Erhältlich in
- Deutsch, Englisch
- Kurzreferat
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Rückkühlwerke können Quellen für luftgetragene Keime sein. Der Betreiber steht in der Verantwortung, das Risiko aus dem Betrieb solcher Anlagen zu minimieren. Die Richtlinie gibt dem Betreiber Hinweise zum hygienegerechten Betrieb. Diese Richtlinie gilt für bestehende und neu zu errichtende Verdunstungskühlanlagen und -apparate, bei denen Wasser verrieselt oder versprüht wird oder anderweitig in Kontakt mit der Atmosphäre kommen kann, mit Ausnahme von Naturzugkühltürmen mit einer thermischen Leistung von mehr als 200 MW. Dabei ist es unerheblich, ob das Kühlwasser als Kühlmedium im Prozess direkt eingesetzt wird oder die Prozesswärme über Wärmeübertrager aus einem Primärkühlkreislauf auf einen Wasserkühlkreislauf übertragen wird. Anlagen und Apparate, bei denen Kondenswasserbildung durch Taupunktunterschreitung möglich ist, werden nicht behandelt, z. B. solche mit Kaltwassersätzen. Die Richtlinie gilt nicht für Wärmeübertrager im Trockenbetrieb.
FAQ
Antwort:
Diese Fragestellung wird derzeit in verschiedenen Kreisen diskutiert und wird ausführlicher als hier im bald erscheinenden Kommentar zur Richtlinienreihe VDI 2047 behandelt.
Über die theoretische anlagentechnische Trennung der Prozesse wird interpretiert, dass derartige Anlagen nicht von der 42. BImSchV erfasst werden sollen. Betreiber stoßen auf der Suche nach günstigen und einfachen Lösungen für Rückkühlanlagen auf die Eigenerklärungen einiger Hersteller, dass deren Anlagen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen würden. Betreiber gehen dann davon aus, dass der Betrieb der neuen Verdunstungskühlanlagen zukünftig nicht mehr den Anforderungen der 42.BImSchV unterliegt. Hierbei ist Vorsicht geboten.
Auch wenn unter Laborbedingungen nachgewiesen wurde, dass keine Aerosole entstehen, kann unter Praxisbedingungen, gerade bei ungeschützter Außenaufstellung und stärkerem Wind, eine klare Trennung zwischen den Prozessen Verdunstung und Wärmeabfuhr nicht garantiert werden. Da diese Art von Verdunstungskühlanlagen häufig mit unbehandeltem Trinkwasser betrieben wird, kann es in Abhängigkeit von der örtlichen Trinkwasserhärte auch zu mineralischen Ablagerungen kommen, wodurch sich die Querschnitte in den Matten und zwischen den Lamellen verkleinern und somit das tatsächliche Strömungsverhalten von der Theorie abweicht. Durch die Trennung der Prozesse Verdunstung und Wärmeabfuhr wird das Risiko der Legionellenvermehrung und -verbreitung anlagentechnisch sicher minimiert, aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Wenn derartige Anlagen mit legionellenhaltigem Wasser betrieben werden, stellen diese Anlagen ein Risiko für die Umgebung dar. Der Nassbetrieb dieser Anlagen mit Berieselung und Verdunstung findet meist bei Umgebungstemperaturen oberhalb von 25 °C statt. So kann es auch ohne Kontakt zu einem Wärmeübertrager zu einer Vermehrung von Legionellen kommen. Auf den eingesetzten "Pads" kommt es durch die Verdunstung zur Eindickung von Wasserinhaltsstoffen und so können sich mineralische Ablagerungen und Biofilme ausbilden. Als Zusatzwasserqualität wird oft Trinkwasserqualität angenommen. Trinkwasser ist jedoch nicht steril, sondern kann mikrobiologische Belastungen in geringen Konzentrationen enthalten. Die wechselnden Betriebsmodi der Anlagen (Trocken- und Nassbetrieb) führen zu Stagnationen in der Nachspeiseleitung. Dadurch kann es zu günstigen Vermehrungsbedingungen für Legionellen kommen. Dies ist abhängig von der vorhandenen Rohwasserqualität, eventuell eingesetzter Wasseraufbereitungstechnik, der gewählten Leitungsführung sowie durch Sonneneinstrahlung verursachten hohen Temperaturen. Bei dieser Art von Nachspeisesystemen wurden schon mehrfach Belastungen mit Legionellen im Zusatzwasser und auch im Nutzwasser festgestellt.
Aussagen wie, "Dieser Anlagentyp fällt nicht in den Anwendungsbereich der 42. BImSchV.", können daher seitens der Hersteller nicht rechtssicher pauschal behauptet werden. Seitens der Behörden sollte grundsätzlich eine Überprüfung durch einen Sachverständigen stattfinden, um im konkreten Einzelfall zu klären, ob eben genau diese Anlage bei dem konkreten Betreiber mit allen örtlichen Rahmenbedingungen wie Aufstellort, Wasserqualität, Ausführung usw. in den Anwendungsbereich der 42. BImSchV fällt oder nicht.
Wenn ein Betreiber mit dem Betrieb einer Verdunstungskühlanlage eine Gefahrenquelle schafft, um die technisch günstigen Eigenschaften von Wasser zur kostengünstigen Verdunstungskühlung zu nutzen, muss er auch die notwendige Risikoanalyse und Risikobewertung umsetzen. Aufgrund des vorhandenen Risikos im Betrieb sollten alle Rückkühlanlagen mit Verdunstung über die Verordnung erfasst bleiben oder werden. Es kann nicht zielführend sein, dass Gefahrenquellen unerkannt vorhanden sind. Anlagen, die bisher außerhalb der Verordnung umgesetzt sind, sind nicht bei der Behörde gemeldet und sind nicht von deren Kataster erfasst. Diese Anlagen werden dann nicht über die Verordnung mit labortechnischer Kontrolle und Sachverstand überprüft. Alle Verdunstungskühlanlagen sollten grundsätzlich im Kataster gemeldet, erfasst und mit einer ausführlichen Hygiene-Gefährdungsbeurteilung objektbezogen betrachtet werden.
Antwort:
Die Reaktion zwischen einem oxidativen Biozid und einer biologischen Zelle läuft grundsätzlich immer ab, wenn die beiden aufeinander treffen und immer zum Nachteil der Zelle. Ziel Nachweises nach DIN EN ISO ist es aber, die Wirksamkeit des Biozids gegenüber Legionellen zu bestimmen. Jede Spezies ist von der Oberflächenstruktur und den Bestandteilen der äußeren Membran (erster Reaktionspartner mit dem oxidativen Biozid) ein wenig unterschiedlich beschaffen. Für Legionella pneumophila SG 1 kann es also ein anderes Testergebnis geben als für L. non-pneumophila, für E. coli, für Staphylococcus aureus, für Algen, Amöben oder Pilze. Weiterhin geht es nicht nur darum, dass prinzipiell eine Oxidationsreaktion stattfindet, sondern die Frage hinter dem Test ist "Wie viel Biozid ist von einem bestimmten Produkt mit definiertem Wirkstoffgehalt notwendig, um in einer Bakteriensuspension mit definierter Bakterienmenge innerhalb von 60 Minuten mindestens eine dezimal-logarithmische (lg) Reduktion der Lebendkeimzahl um vier Stufen (99,99%) zu erreichen?".
Es stimmt, dass es bei oxidativen Bioziden keine Resistenzbildung im üblichen Sinn gibt. Es kann jedoch Adaption durch Erhöhung der Katalaseproduktion stattfinden. Das passiert anlagenspezifisch bzw. populationsabhängig und häufig auch durch Anwendungsfehler. Dazu kann man über das Ergebnis des Nachweises nach DIN EN ISO 13623 keine Aussage machen. Diesen Faktor können wir also hier vernachlässigen.
Wir halten es für richtig, wenn ein Sachverständiger den Nachweis nach DIN EN ISO 13623 anfordert. Wenn alle Punkte zur 42. BImSchV abgearbeitet sind, kann man diesen Punkt im Gutachten (analog der Umsetzung eines Filtrationssystems, wenn dies möglich ist) als Abweichung zur VDI 2047/Abwasservorgaben ausweisen. Zwischen oxidativ und nicht-oxidativ zu unterscheiden ist u.E. nicht sinnvoll. Bei nicht-oxidativen Bioziden ist bspw. der fehlende Wechsel oder ein fehlendes Ersatzbiozid eine Abweichung.
Die Verwendung eines Biozids ohne Wirksamkeitsnachweis gemäß DIN EN ISO 13623 ist nicht in jedem Fall als Abweichung von den Vorgaben der VDI 2047 anzusehen. Es muss ja überhaupt nicht zwingend ein Biozid eingesetzt werden. Daher reicht für die "Sauberhaltung" des Systems grundsätzlich auch ein Produkt ohne diesen Nachweis. Wird allerdings gezielt eine Überschreitung der Legionellen (Prüfwerte/Maßnahmenwert) bekämpft, muss ein Biozid mit Nachweis und dieses mindestens in der nachgewiesen wirksamen Konzentration eingesetzt werden. Im Maßnahmenplan sollte daher ein entsprechend zugelassenes Biozid definiert sein und es macht Sinn, dieses auch vor Ort vorzuhalten.
Grundsätzlich kann man über die Sinn und Unsinn von Labornachweisen streiten. Es ist die Frage, ob die Ergebnisse auf das tatsächliche System übertragbar sind. In jedem Fall soll jedoch eine Konzentration ermittelt werden, bei der im Labor eine ausreichende Reduzierung einer hohen Legionellenbelastung ermittelt wurde. Bei oxidativen Bioziden sollte beim Einsatz auch unbedingt die Zehrung erfasst werden, selbst wenn hier eine bestätigte Konzentration zudosiert wird, kann sich diese bei hoher organischer Belastung sehr schnell abklingen.
Auch bei UV-Technik ist ja eine Zudosierung nötig. Ein erfolgreicher Einsatz ohne zusätzliches Biozid ist uns nicht bekannt.
In Summe daher eine sinnvolle Zulassung.