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Schützen durch Nützen

Wie nachhaltige Waldwirtschaft gelingen kann

Bild: Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com

Wald bedeckt fast ein Drittel der Fläche Deutschlands. Holz ist der Überbegriff aller verwertbaren Produkte, die der Wald bereithält und damit ein entscheidender Wirtschaftsfaktor: Holz zum Bauen, Heizen, Kleiden, Verpacken - die Nachfrage nach dem Rohstoff ist riesig. Doch wie kann der Holzkonsum langfristig gedeckt werden, ohne das Ökosystem Wald zu überfordern?

Im Jahr 2022 wurden in deutschen Wäldern insgesamt knapp 80 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen. Gut die Hälfte stammte von geschädigten Bäumen. Forstwirtschaft und Holzproduktion sind stark vom Klima beeinflusst: Stürme, Trockenheit und unterschiedliche Schadinsekten machen vor allem nadelholzdominierten Wäldern zu schaffen. Umso wichtiger ist es, den Umbau in gemischte, stabile und klimatolerante Wälder voranzutreiben. Hier bedarf es einer nachhaltigen Waldwirtschaft, die sowohl dem Klima, der Natur, aber auch der Wertschöpfung im ländlichen Raum dient. Neben der Nutzfunktion ist dabei die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes zu berücksichtigen und erhalten.

Waldflächen stilllegen versus proaktiver Waldumbau

Wie viel Wälder in Europa tatsächlich zum Klimaschutz beitragen, wird kontrovers diskutiert. Die am weitesten voneinander entfernten Positionen sind auf der einen Seite die Forderungen der EU-Biodiversitätsstrategie (EUBDS), Wälder stillzulegen und die Nutzung einzuschränken – im Gegensatz dazu steht der proaktive Waldumbau, der zu einer nachhaltigen Waldwirtschaft führt. Basierend auf den Erkenntnissen der Studie „KlimaHolz“ der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf wird empfohlen, hier zügig vorzugehen.

Die EUDBS hingegen zielt darauf ab, Schutzgebiete auf mindestens 30 Prozent der europäischen Land- und Meeresflächen auszudehnen, einschließlich eines strengen Schutzes aller verbleibenden Primär- und Urwälder der EU. Dadurch verringert sich die Menge der Holzentnahme. Gleichzeitig wird mehr CO2 in lebender und temporär auch in toter Biomasse gespeichert. Zum Vergleich: Aktuell sind knapp sechs Prozent der Waldfläche Deutschlands nutzungsfrei.

Befürworter des proaktiven Waldumbaus haben die wachsende Gefährdung der bestehenden Waldstrukturen durch die Folgen des Klimawandels im Fokus und setzen auf das große Potenzial von Holzprodukten als Alternativen zu fossilen Brenn- und CO2-intensiven Baustoffen. Würden die geforderten Waldflächen stillgelegt, führe das zu einem fast 50-prozentigen Rückgang der bisher anfallenden Rundholzmenge, so Professor Dr. Hubert Röder. Er lehrt seit 10 Jahren Nachhaltige Betriebswirtschaft an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf am TUM Campus Straubing. Gleichzeitig ist Hubert Röder Projektleiter der Studie „KlimaHolz“. Der promovierter Forstwissenschaftler macht sich für den Waldumbau stark: „Schaut man auf den gesamten Wald in Deutschland, zeigt die Nutzung durch einen aktiven und nachhaltigen Waldumbau die größte Möglichkeit, CO2 einzusparen. Sie ist damit der beste Weg zu mehr Klimaschutz.“ 

Nachhaltig bewirtschaftete Wälder weisen eine vergleichbare Biodiversität auf wie nicht bewirtschaftete, zum Beispiel indem Totholz in Höhe von 10 Prozent des lebendenden Bestands im Wald belassen wird. Das gleichzeitige Verjüngen und der Umbau von Nadelholz-Monokulturen hin zu klimaresilienten Mischwäldern unterstützt laut Wissenschaftlern der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf den Klimaschutz und die Biodiversität am effektivsten.

VDI-Podcast


Waldökosysteme in Deutschland unter Druck

„Ein aktiver Waldumbau ist unverzichtbar für seinen Erhalt“

Hubert Röder und seine Mitarbeitenden der Studie „KlimaHolz“ vertreten den Standpunkt, dass der aktive Waldumbau unverzichtbar für dessen Erhalt ist. Das dabei anfallende Holz diene als CO2-neutrales Baumaterial und für den Ersatz fossiler Brennstoffe im Sinne der Wärmewende. Werde nicht nur Schnittholz, sondern zusätzlich Waldrestholz (Waldhackschnitzel) und Sägerestholz (Pellets) energetisch genutzt, verstärke sich der positive Beitrag zum Klimaschutz vor allem durch den Ersatz fossiler Brennstoffe, ergänzt Röder: „Wenn wir den Wald nachhaltig nutzen, statt ihn stillzulegen, leisten wir einen wesentlich größeren Beitrag zum Klimaschutz, als der Waldvorrat allein vermag“.

Neben der energetischen Nutzung wird Holz als Baustoff zunehmend wichtiger. Im waldreichsten Bundesland Bayern erlebt er aktuell einen regelrechten Boom: Jedes vierte Wohngebäude wird inzwischen in Holzbauweise errichtet. Aber nicht nur im Neubausektor, ebenso beim Sanieren punktet Holz als wohngesunder Bau- und Dämmstoff. Holz ersetzt Zement und Stahl als Baustoff, in dem CO2 gebunden ist, anstatt es im Herstellungsprozess in großen Mengen auszustoßen.

Holzvorrat Privatwald

Privatwälder machen bundesweit fast die Hälfte der Waldfläche aus und weisen besonders hohe Holzvorräte auf. Im Kleinprivatwald in Bayern steht sogar der höchste Holzvorrat je Hektar weltweit! Der Zuwachs von Bäumen werde hier nicht ausreichend genutzt – Hubert Röder appelliert daher: „Der Klimawandel wartet nicht! Es ist unumgänglich, dass wir auch den Kleinprivatwald zügig in einen wärmetoleranten Mischwald umbauen und mehr Holz entnehmen“.

Ohne den sinnvollen Umgang mit dem Rohstoff Holz werden die zukünftigen Herausforderungen im Bau- und Energiesektor und damit beim Klimaschutz nicht zu bewältigen sein. Dabei gilt es, eine Balance zwischen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen zu finden.

Autorin: Alice Quack

Fachlicher Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Peter Plegnière
VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) – Normenausschuss
E-Mail: plegniere@vdi.de 

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