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Fotovoltaik: Soiling

Wenn Solarmodulen das Licht ausgeht

Bild: Klemens Ilse

Mindestens drei Milliarden Euro Umsatz gehen in der Solarbranche jährlich verloren, weil Fotovoltaik-Module verschmutzen und dadurch weniger Strom produzieren. Die Forschung untersucht intensiv, wie dieses sogenannte Soiling abläuft und wie man entgegenwirken kann. Besonders relevant sind ein besseres Verständnis des Phänomens. Mehr dazu verrät Klemens Ilse vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP) im Interview.

Gefährdet die Verschmutzung von Solarmodulen diese Prognose?

Ilse: Verschmutzungen gefährden diese Entwicklung nicht, aber sie haben erhebliche Auswirkungen auf die Effizienz von Fotovoltaik-Anlagen. Zu solchen Ablagerungen von Verunreinigungen auf Solarmodulen zählen etwa Mineralstaub, Vogelkot, Biofilme von Bakterien, Algen, Flechten, Moose oder Pilze, Pflanzenabfälle oder Pollen, Motorabgase oder Industrieemissionen und landwirtschaftliche Emissionen wie Futterstäube. Dieses als „Soiling“ bezeichnete Phänomen kann eine drastische Reduzierung der Stromerzeugung und damit der vom Betreiber ursprünglich kalkulierten wirtschaftlichen Erträge zur Folge haben.

Wo tritt das Soiling-Problem denn am stärksten auf?

Ilse: Besonders relevant ist Soiling beim Einsatz von Fotovoltaik in Wüstengebieten. Diese bieten als Standorte zunächst zahlreiche Vorteile: Im Sonnengürtel der Erde ist die Sonneneinstrahlung teilweise doppelt so hoch wie in unseren Breiten. Allerdings müssen Solarmodule beim Betrieb in Wüstenregionen auch besonderen Anforderungen gewachsen sein. Neben der UV-Einstrahlung, hohen Temperaturen sowie großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht zählt dazu insbesondere das Soiling: Wenn der Wüstenwind Staub und Sand auf die Anlagen weht und diese dann unter anderem durch Taubildung auf der Moduloberfläche „festbacken“ können, erreicht weniger Licht die Solarzellen, sodass entsprechend weniger Strom produziert wird.

Soiling verringert erheblich den Wirkungsgrad der Anlagen

Wie gehen Sie das Problem am Fraunhofer-Center für Silizium-Fotovoltaik an?

Ilse: Am Fraunhofer CSP wurde gemeinsam mit Partnern ein Verfahren entwickelt, mit dem sich dieses Verschmutzungsverhalten im Labor simulieren lässt – eine wichtige Voraussetzung, um die eingesetzten Materialien und somit die Erträge optimieren zu können, denn die Soiling-Prozesse sind physikalisch komplex und bisher unvollständig analysiert und verstanden. Zugleich lassen sich die Ertragsverluste durch solche Experimente, gestützt durch Messdaten aus verschiedenen Regionen der Welt, quantifizieren. Demnach reduziert Soiling die derzeitige weltweite Solarstromproduktion um mindestens drei bis vier Prozent, was einem Umsatzverlust von mindestens drei bis fünf Milliarden Euro jährlich entspricht.

Diese Größenordnungen zeigen, wie wichtig Bemühungen um eine Reduzierung der Verluste durch Soiling sind. Ein Schwerpunkt auf der Entwicklung erfolgreicher Gegenmaßnahmen bietet für einige Regionen große Potenziale – erst recht, wenn man bedenkt, dass stark betroffenen Regionen mit über einem Prozent kumulativen Soiling-Verlusten pro Tag die in den vergangenen 20 Jahren erreichte Steigerung der Modulwirkungsgrade innerhalb weniger Wochen zunichtemachen können.

Gelingt es, Verschmutzungseffekte zu reduzieren, werden Anlagen rentabler, zugleich eröffnet sich die Möglichkeit für den Einsatz von Fotovoltaik an weiteren Standorten. Insbesondere die techno-ökonomische Betrachtung ist im Hinblick auf Soiling-Effekte zentral. Je besser die Auswirkungen von Soiling und die Effizienz möglicher Gegenmaßnahmen mit den jeweiligen regionalen und lokalen Spezifika verstanden werden, desto höher wird die Gewissheit für Investoren, mit neuen PV-Anlagen tatsächlich die gewünschten Erträge zu erwirtschaften.

Welcher Faktor spielt denn die größte Rolle hinsichtlich Verschmutzung?

Ilse: Die bisherigen Ergebnisse zeigen: Die Staubkonzentration in der Luft ist der wichtigste Einflussfaktor für Verschmutzungen, zusammen mit Regenhäufigkeit, da Regen verschmutzte Module sehr effektiv reinigen kann. Weitere wichtige Parameter sind die Windgeschwindigkeit und der Neigungswinkel der Module. Eine besonders prominente Rolle spielen die relative Luftfeuchtigkeit und Tau, beide erhöhen die Staubhaftung auf Oberflächen durch Kapillarkräfte und Zementationsprozesse erheblich: Die Partikel können regelrecht mit der Oberfläche verkleben. Das gilt auch in Wüsten: Die Glasoberflächen der Module kühlen über Nacht aus und werden durch die Strahlungskühlung gegenüber dem Nachthimmel sogar kälter als die Umgebungsluft, was regelmäßig zu Taubildung auf den Modul-Oberflächen führt. Die Kombination aus Verschmutzung und Feuchtigkeit kann zu einem dauerhaften Abbau der Leistung führen. 

Eine Reinigung muss behutsam erfolgen

Gibt es denn bereits Ansätze für eine Lösung des Soiling-Problems?

Ilse: Es gibt heute bereits mehrere Ansätze, um Soiling zu begegnen. Verschmutzte Module werden in erster Linie mechanisch gereinigt, etwa durch manuelles, halbautomatisches oder vollautomatisches Abwischen oder Abkehren. Diese Reinigung kann aber ihrerseits auch negative Auswirkungen haben: Durch Kratzen oder Abrieb können die typischen Antireflexbeschichtungen von Solarmodulen beschädigt werden, was sich negativ auf deren Wirkungsgrad auswirkt. Weitere mögliche Folgen sind Korrosion oder thermische Schocks, weil es beim Aufeinandertreffen der heißen Module mit kaltem Wasser zum Bruch von Solarzellen, Abdeckungsgläsern oder der Ausdehnung von Mikrorissen kommen kann.

Was wäre denn dann aus Ihrer Sicht die bessere Lösung?

Ilse: Eine bessere Lösung wären optimierte Oberflächen der Module, die dafür sorgen, dass Staub und Sand erst gar nicht stark anhaften können und natürliche Reinigungsmechanismen wie Wind und Regen besser wirken. Die Entwicklung solcher Anti-Soiling-Beschichtungen ist ein weiterer Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer CSP. Im Idealfall sind die Beschichtungen hochtransparent, antireflektierend, langlebig, ungiftig, im industriellen Maßstab anwendbar, kostengünstig und natürlich selbstreinigend. In einzelnen Studien konnte damit der Soiling-Effekt um mehr als 80 Prozent verringert werden. Über einen längeren Zeitraum betrachtet erreichen die durchschnittlichen Werte aktuell zwischen 20 und 50 Prozent reduzierte Verschmutzungsraten.

Was würden Sie Planern und Betreibern von Solarmodulen raten?

Ilse: Mehr auf die Standortauswahl zu achten. Die spielt ebenso eine entscheidende Rolle. Die Auswirkungen von Verschmutzung sollten an jedem potenziellen Standort schon in der Anlagenplanungsphase berücksichtigt werden. Die Verschmutzungsraten können nämlich dramatisch variieren für Standorte, die nur fünf bis zehn Kilometer voneinander entfernt oder sogar innerhalb desselben Standorts liegen. Die Nähe zu Staubquellen wie beispielsweise Zementwerke, Land- und Viehzuchtbetriebe oder stark befahrene Straßen, wirkt sich unmittelbar auf die Soiling-Neigung aus. Auch die Wahl von Reihenabstand und -länge kann erhebliche Effekte haben, etwa auf Reinigungskosten. Die Kombination aus genauer Kenntnis über die meteorologischen Daten und die lokal spezifischen Soiling-Risiken ermöglicht die Entwicklung optimierter Reinigungsszenarien unter Berücksichtigung von Verschmutzungsart und Ablagerungsraten, Wasserverfügbarkeit, Standort und Systemkonfiguration. Natürlich ist die Überwachung ein wesentliches Instrument zur Minderung von Verschmutzungen. Es gibt zahlreiche Soiling-Sensor-Konzepte, bei denen regelmäßig manuell oder automatisch gereinigt wird. Auch visuelle terrestrische oder luftgestützte Inspektion durch Drohnen und Satelliten sind möglich. Anhand solcher Daten lässt sich auch in bestehenden Anlagen nachjustieren, um Soiling-Effekte zu minimieren.

Interview: Stephan Berends

Fachliche Ansprechpartnerin:
Dr. Anke Niebaum
VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) – Normenausschuss
KRdL-Fachbereich Umweltqualität
E-Mail: niebaum@vdi.de

Hinweis:

Fotovoltaik ist ein Wachstumsmarkt. Der weltweite Zubau erreichte zuletzt mehr als 100 Gigawatt pro Jahr. Die International Energy Agency erwartet, dass die weltweit installierte Leistung in diesem Jahr die Windkraft, 2027 die Wasserkraft, 2032 die Kohlekraft und 2035 die Gaskraft überholen wird.

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