Was tun gegen hohe Heizkosten? Heute handeln!
Da schlägt das Herz des Heizungsbauers und des Ingenieurs höher: Vizekanzler Robert Habeck spricht in einem Interview vom hydraulischen Abgleich. Der mache bis zu 15 % Energieeinsparung möglich. Angesichts der Prognosen, dass unsere Heizkosten im nächsten Jahr doppelt bis dreimal so hoch ausfallen werden, klingt das interessant.
Was leistet der hydraulische Abgleich?
Fangen wir grundlegend an: Wir reden über Gasheizungen. Bei einer Gasheizung wird im Kesselraum (meist im Keller) durch einen Brenner Wasser erwärmt, das dann in Rohren durchs Gebäude und durch die Heizkörper in den Räumen geleitet wird. Die Heizkörper geben die Wärme an den Raum ab.
Der hydraulische Abgleich sorgt dafür, dass alle Heizkörper in einem Gebäude möglichst gleichmäßig mit Wärme versorgt werden können. Das wird erreicht, indem man die Durchflüsse der Heizkörper begrenzt. Ohne hydraulischen Abgleich kommt es zu Zeiten großen Wärmebedarfs (also bspw. morgens, wenn alle Mieter eines Hauses unter der warmen Wolldecke hervorkriechen und in behaglicher Temperatur frühstücken möchten) vorübergehend zu einer Unterversorgung der entfernt liegenden Heizkörper, meist derjenigen im Dachgeschoss.
Bei einem ideal abgeglichenen System steht den Heizkörpern im Erdgeschoss derselbe Durchfluss zur Verfügung wie denen im Dachgeschoss. Bei hydraulischem Abgleich werden also alle Heizkörper einigermaßen gleichmäßig warm.
Investitionen brauchen Zeit
Die vom Vizekanzler genannten 15 % Einsparpotenzial sind eine typische Größenordnung. Laut einer Studie des ITG Dresden an Einfamilienhäusern bewegen sich die Einsparungen im Schnitt bei 7-11 % – ohne jeden Komfortverlust! Abhängig vom Istzustand sind noch deutlich höhere Einsparungen möglich, teils über 20 %.
Wieso spart man eigentlich Energie, wenn die Heizkörper gleichmäßig durchströmt werden?
Nennen wir den am weitesten vom Kessel entfernt liegenden Heizkörper mal den „letzten“ Heizkörper. Was tun, wenn dieser letzte Heizkörper unterversorgt wird, also nicht richtig warm wird? Richtig: Man stellt mehr Wärme zur Verfügung, indem man die Vorlauftemperatur erhöht. Man schickt also das Wasser vom Kessel aus mit höherer Temperatur durch die Heizkörper. So steht dem gesamten System mehr Wärme zur Verfügung, die es abgeben kann. Und das tut es leider undifferenziert. Es wird nämlich nicht nur der letzte Heizkörper wärmer, sondern auch alles zwischen ihm und dem Kessel. Auch die Leitungen, deren Wärmeabgabe unerwünscht ist, denn das führt zu Verlusten, die Effizienz nimmt ab. Optimalerweise betreibt man eine Heizung also mit der niedrigsten möglichen Vorlauftemperatur, die die gewünschte Beheizung schafft.
Heizungen werden daher außentemperaturgeführt betrieben. Ist es draußen kälter, soll der Kessel heißeres Wasser – mehr Wärmeleistung – zur Verfügung stellen, als wenn es wärmer ist. Das wird durch die Heizkurve beschrieben.
Damit ist klar: Der hydraulische Abgleich ist Voraussetzung für die optimale Einstellung der Heizkurve. Und nicht nur das: Auch die Pumpe kann nur optimal dimensioniert, eingestellt und betrieben werden, wenn die Durchflüsse der Heizkörper abgeglichen sind. Wenn sie außerhalb ihres optimalen Arbeitspunkts läuft, mag der Mehrverbrauch gering erscheinen, aber das summiert sich: sie läuft tausende Stunden pro Jahr.
Wie finde ich die "richtige" Temperatur?
Die „gewünschte Beheizung“ ist aber nicht nur durch die Wunschtemperatur definiert. Neben dieser (sagen wir aus Sparsamkeit mal) 20 °C, spielt auch eine Rolle, wie geduldig ich bin. Wenn meine Küche morgens, nachdem ich die Temperatur über Nacht auf 18 °C abgesenkt habe, in 15 Minuten wieder auf 20 °C aufgeheizt sein soll, muss ich in diesen 15 Minuten die nötige Energie dafür in die Küche liefern. Wenn ich dem System jedoch 30 oder 60 Minuten Zeit gebe, um wieder 20 °C zu erreichen, kann ich (ungefähr) dieselbe Wärmemenge über einen längeren Zeitraum liefern. Ich muss also mehr heißes Wasser oder dieselbe Menge heißeres Wasser durch die Heizung pumpen, wenn es schnell gehen soll. Die Heizlast ist also eine andere. Auch hier gilt: „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.“, da ein Betrieb nach Worst-Case-Annahmen zu höheren Verlusten führt.
Entsprechend werden die Heizungen unserer Gebäude auf eine halbwegs gleichmäßige Beheizung ausgelegt. In diesem Fall treten keine exorbitanten Spitzenlasten während der Aufheizzeiten auf. Darum ist es nicht sinnvoll, Wohnungen nachts vollständig auskühlen zu lassen. Eine gemäßigte Absenkung hingegen ist sinnvoll, da die Wärmeverluste durch die Wände und durch Undichtigkeiten natürlich um so größer sind, je höher die Raumtemperatur ist.
Welche Möglichkeiten habe ich, Heizenergie zu sparen, ohne gleich in eine neue Heizung zu investieren?
Während ich nachts unter der warmen Bettdecke liege, darf es in der Wohnung kälter sein als tagsüber. Damit sinken die Wärmeverluste durch die Wände und durch Undichtigkeiten. Das Einsparpotenzial ist nicht leicht zu quantifizieren, aber durchaus signifikant.
Es lohnt, mit der Absenkzeit zu spielen. Die Raumtemperatur fällt nicht schlagartig von 20 °C auf 16 °C, wenn der elektronische Thermostat die Solltemperatur absenkt. Vielmehr hat jeder Raum eine Trägheit. Je schlechter er gedämmt und je undichter er ist, desto schneller fällt die Temperatur. Es kann also sein, dass man in einem gut gedämmten, dichten Gebäude bereits Stunden vor dem Zubettgehen die Heizung herunterregeln kann, ohne dass es unbehaglich wird.
Statt bei 22 °C auch im Winter im T-Shirt in der Wohnung herumlaufen zu können, heize ich nur noch auf 20 °C und ziehe mich etwas wärmer an. Das bedeutet, ich nehme bewusst einen gewissen Komfortverlust in Kauf. Als Faustregel gilt, dass man je Grad Temperaturabsenkung 5-6 % Heizenergie einsparen kann.
Trägheit nutzen
Hat man die üblichen manuellen Heizkörperthermostate, muss man selbst Hand anlegen und die Einstellung jeweils abends und morgens ändern. Hier zählt Fingerspitzengefühl: nicht gleich eine ganze Stufe hochdrehen, wenn es zu kalt ist, sondern in Viertelstufen und erstmal abwarten und schauen. Ständiges manuelles Nachregulieren ist kontraproduktiv.
Durch programmierbare elektronisch gesteuerte Heizkörperthermostate können diese Vorgänge automatisiert werden. Solche Geräte passen die Solltemperatur in einem Raum zeitgesteuert an, das heißt sie senken beispielsweise abends die Solltemperatur von 20 auf 16 °C und erhöhen sie so zeitig wieder, dass die Raumtemperatur beim Aufstehen bereits der Tages-Solltemperatur entspricht. Die thermische „Trägheit“ des Raums gilt übrigens nicht nur beim Aufheizen: Auch abends kann man die Solltemperatur bereits eine gewisse Zeit vor dem Zubettgehen herunterfahren; es dauert, bis die Abkühlung fühlbar wird.
Elektronisch gesteuerte Thermostate helfen Sparen
Die elektronisch gesteuerten Thermostate sind nicht nur eine Komfortfrage: Sie sprechen aufgrund einer anderen Regelcharakteristik günstiger auf Temperaturänderungen an – auch das hilft Sparen.
Was in den eigenen vier Wänden gilt, gilt im großen Stil für Bürogebäude. Man sollte die Temperierung von Büros vor dem Hintergrund der auch nach Corona deutlich häufigeren Heimarbeit überdenken. Üblicherweise werden alle Büros in einem Gebäude an Arbeitstagen auf einer mittleren Solltemperatur gehalten, und die Nutzer können über Einzelraumregler nach oben oder unten davon abweichen. Es muss also niemand frieren. Ein Default-Wert nahe am Mittelwert dessen, was die Nutzer üblicherweise einstellen, zum Beispiel 21 °C, ist sinnvoll, wenn die Büros tatsächlich jeden Tag genutzt werden, doch während der Zeiten, die ein Büro nicht genutzt wird, spart man durch eine Absenkung bares Geld. Die Firma Henkel in Düsseldorf hat dies erkannt und plant, ihren Mitarbeitenden mehr Home-Office-Tage zuzugestehen. Ein klares Win-Win: Henkel spart Heizkosten, die Mitarbeitenden freuen sich über ein Mehr an Gestaltungsspielraum bei ihrer Arbeit.
Analoges gilt übrigens für die Kühlung im Sommer …
Eine ganz einfache Maßnahme zur Reduzierung (nicht nur) der Heizkosten besteht übrigens darin, seine zu beheizende Fläche zu reduzieren. Das kann zum einen bedeuten, Räume, die nicht genutzt werden, nur minimal zu beheizen. Aber auch eine Reduzierung der Wohnfläche durch Umzug in eine kleinere Wohnung reduziert die Kosten – nicht nur die Heizkosten. Denn dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch trotz erheblicher Effizienzsteigerungen bei der Technik nicht gesunken ist, geht auch darauf zurück, dass pro Kopf inzwischen eine viel größere Wohnfläche beansprucht wird.
Doch zurück zum Thema „Heizung“.
Damit sind die vom Laien ohne Hilfe durchführbaren Maßnahmen ausgeschöpft. Ab jetzt braucht man Fachpersonal. Wir sortieren mal nach steigendem Aufwand:
Auch wenn aktuelle Kessel wenig Ruß erzeugen, ist doch nach einiger Zeit des Betriebs eine Reinigung von Brenner, Brennerraum und Wärmeübertrager im Brennerraum erforderlich. Ablagerungen von Verbrennungsprodukten auf Wärmeübergangsflächen wirken nämlich wie eine Wärmedämmung.
Er wird in VDI 2073 Blatt 2 beschrieben und muss von einem Fachmann vorgenommen werden. Dazu muss an jedem Heizkörper entweder das Vorlauf- oder das Rücklaufventil einstellbar sein. Sind alte, nicht einstellbare Ventile eingebaut, kann in vielen Fällen der Ventileinsatz gegen einen einstellbaren ausgetauscht werden. Solche Austauschsätze werden von namhaften Herstellern angeboten.
Die zweitbeste Wahl ist ein gruppenweiser hydraulischer Abgleich. Bei diesem werden nicht einzelne Heizkörper eingestellt, sondern die von der Hauptverteilleitung abzweigenden einzelnen Strangleitungen. Die optimale Einstellung der Strangventile, idealerweise mittels differenzdruckgesteuerter Ventile, ist jedoch eigentlich eine ergänzende Maßnahme zum hydraulischen Abgleich, nicht ein Ersatz für diesen. Sie verbessert die Hydraulik insbesondere im Teillastbetrieb – und den haben wir den größten Teil der Zeit.
Viele Heizkessel sind sogenannte Brennwertgeräte. Deren effizientes Funktionieren basiert auf einer möglichst starken Abkühlung des Heizwassers beim Durchgang durch die Heizkörper. Die Verbesserung des Wirkungsgrads bei Brennwertkesseln beruht darauf, dass die Kesselabgase möglichst viel Wärme an das Heizungswasser abgeben können, auch durch Kondensation von Verbrennungswasser. Wenn zu viel Wasser durch die Heizkörper fließt, kühlt es sich naturgemäß weniger ab, und die Vorteile des Brennwertkessels kommen gar nicht zum Tragen. Bei Brennwertgeräten ist daher der hydraulische Abgleich noch wichtiger für die Effizienz.
Bei niedrigerer Vorlauftemperatur dauert es länger, bis das System nach einer Abkühlung wieder bei der Solltemperatur ankommt. Aber es überschießt auch weniger, und die Verluste sind geringer.
Das Heizungswasser muss bewegt werden. Das übernimmt eine elektrisch betriebene Pumpe. Der Ersatz der Heizungspumpe durch eine Hocheffizienzpumpe ist zwar eine „invasive“ Maßnahme an der Heizung, aber noch niederschwellig. Hier lässt sich mit vergleichsweise geringer Investition oft eine signifikante Einsparung erzielen. Schließlich läuft diese Pumpe, so klein ihre Leistungsaufnahme auch sein mag, tausende Stunden pro Jahr.
Effiziente Pumpe meint: Auch bei der Pumpe gilt so groß wie nötig und so klein wie möglich: Eine überdimensionierte Pumpe läuft nicht im optimalen Arbeitspunkt und verbraucht mehr Strom als nötig, aber – schlimmer noch – sie kann bei einem Brennwertgerät auch zu viel Wasser fördern, das sich dann wiederum in den Heizkörpern nicht genug abkühlt.
Viele Heizungsanlagen sind größer ausgelegt als nötig. Der gedankliche Worst-Case: Es ist kalt und ich bekomme meine Wohnung nicht warm. Also lege ich mein System mit Reserve aus. Überdimensionierte Anlagen laufen allerdings nicht im optimalen Arbeitspunkt; die Effizienz leidet.
Sparen auch bei der Trinkwassererwärmung?
Besser nicht! Wo erwärmtes Trinkwasser bevorratet wird, also in Speichern und Zirkulationssystemen, da muss es nach aktuellem Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere VDI 6023, ständig auf einer hohen Temperatur und im Fluss gehalten werden, damit sich keine Keime darin vermehren. Eine Absenkung der Speichertemperatur unter 60 °C oder etwa eine zeitweise Abschaltung der Zirkulationspumpe, um Leitungsverluste und Pumpenenergie zu sparen, ist daher nicht ratsam. Energie für Trinkwassererwärmung kann man also nur sicher einsparen, indem man weniger erwärmtes Wasser verbraucht, also beispielsweise kalt oder kürzer warm duscht. Wird eine zentrale Trinkwassererwärmung zeitweise nicht benötigt, kann ihr Betrieb unterbrochen werden. Dadurch lässt sich viel Energie – Wärme und Pumpenstrom – einsparen. Aber Achtung: Die Außerbetriebnahme und Wiederinbetriebnahme müssen fachgerecht durchgeführt werden, siehe dazu VDI/DQQST-EE 3810 Blatt 2.1.
Vorausschauend agieren!
Wer in der nächsten Heizsaison sparen möchte, der tut gut daran, schon jetzt den Fachhandwerksbetrieb seines Vertrauens zu kontaktieren. Kurz vor Beginn der Heizsaison fällt es allen ein …
Autor: Thomas Wollstein