Von Klimaschutz bis KI – wie Normen und Standards Vertrauen schaffen
Berlin, 10. Oktober 2023. Am Weltnormentag wird jährlich am 14. Oktober der Nutzen der Normung gefeiert. Denn klar ist: Normen und Standards machen das Leben einfacher. Durch sie passen Bankkarten weltweit in die vorgesehenen Schlitze oder das Kopierpapier in den Drucker. Die meisten Menschen bekommen in ihrem Alltag nicht allzu viel von Normen und Standards mit – weil eben fast alles reibungslos zueinander passt und funktioniert. Im Hintergrund sorgen diese aber dafür, dass die Welt so komfortabel und sicher ist, wie wir sie kennen. Sie legen Anforderungen an Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren fest und sorgen so beispielsweise dafür, dass unser Trinkwasser für Kinder und Erwachsene hygienisch einwandfrei ist.
Normen sind Treiber der Transformation
Bereits vor über 250 Jahren haben technische Standards der industriellen Revolution zum Durchbruch verholfen und den Menschen den Übergang von der Handarbeit zur maschinellen Fertigung in den Fabriken erleichtert. Mit der digitalen und grünen Transformation liegen heute ähnlich große Aufgaben vor uns. Um zukünftig CO2-neutral produzieren zu können und die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, werden derzeit neue Technologien und Geschäftsmodelle entwickelt und neue Märkte entstehen. Damit diese reibungsfrei funktionieren, sind einheitliche Regeln erforderlich, die die Zusammenarbeit international fördern. Gut zu wissen: Schon heute gibt es zahlreiche Normen und Standards, die die digitale und grüne Transformation der Wirtschaft unterstützen. Hier einige Beispiele:
- Umweltziele erreichen: Die internationale Norm DIN EN ISO 14001 legt Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem fest, mit dem Organisationen ihre Umweltleistung verbessern, rechtliche und sonstige Verpflichtungen erfüllen und Umweltziele erreichen können. Weltweit sind rund 300.000 Unternehmen und Organisationen jedweder Größe und Branche – vom kleinen Dienstleistungsbetrieb über große Industrieunternehmen bis hin zu staatlichen Behörden – nach ISO 14001 zertifiziert.
- Nachhaltiger Rohstoffkreislauf: Die Kreislaufwirtschaft trägt dazu bei, verwendete Rohstoffe wiederzuverwenden. Die internationale Norm DIN EN IEC 62430(VDE 0042-2) gibt wertvolles Wissen für die Umsetzung von Circular-Economy-Strategien im Design- und Produktionsprozess von Produkten. Unternehmen, die ihre Erzeugnisse umweltbewusst gestalten möchten, erhalten mit dieser Norm einen Leitfaden zur Strukturierung ihrer Prozesse und Produkte.
- Wärmepumpe richtig einbauen: Wie heizen wir in Zukunft? Wärmepumpen zählen zu den heute und zukünftig wichtigen Energiesystemen. Damit Anlagen in Ein- und Mehrfamilienhäusern richtig geplant werden, gibt es die VDI 4645. Sie gibt Hinweise auf die erforderlichen Schritte von der Voruntersuchung und Konzepterstellung bis zur Detailplanung.
- Power-to-X Wasserstofferzeugung: Wasserstoff (H2) ist eine der nachhaltigen Energiequellen von morgen. Die Erzeugung von Wasserstoff wird im Rahmen der Richtlinienreihe VDI 4635 "Power-to-X" behandelt. Dahinter steht die VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt (GEU). Power-to-X bedeutet die Wandlung und Speicherung elektrischer Energie in einem Energieträger (Gas, Kraft- oder Rohstoff), Wärme (Power-to-Heat) oder einem Produkt (Grundstoff). Die Richtlinienreihe schafft ein einheitliches System zur Vergleichbarkeit bezüglich Mess- und Nachweismethoden oder der Angabe und Bezeichnung von Systemparametern.
- Elektrisch fahren: Automobilhersteller treiben die Entwicklung vollständig oder teilweise elektronisch betriebener Fahrzeuge voran. Um die Batterien solcher Fahrzeuge aufzuladen, ist eine geeignete Ladeinfrastruktur erforderlich. Dafür müssen Fahrzeug, Ladestation und Stromnetz optimal zusammenspielen. Die Normenreihe DIN EN ISO 15118 hilft, die dafür notwendige Kommunikationsschnittstelle zu implementieren.
- Vertrauenswürdige KI: Was darf Künstliche Intelligenz und wer trifft künftig wichtige Entscheidungen – das sind zentrale Fragen in der aktuellen Diskussion um KI-Entwicklung. Antworten gibt neuerdings die VDE Anwendungsregel VDE-AR-E 2842-61 als erster normativer Rahmen für den kompletten Lebenszyklus kognitiver Systeme.
- KI in der Medizin nutzen: In der Medizin spielt die Bildanalyse in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, beispielweise, um Tumorgewebe von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Deep-Learning-Bilderkennungssysteme automatisieren diesen Prozess und verbessern so Qualität und Effizienz. Die DIN SPEC 13288 formuliert praktische Leitlinien für die Entwicklung und den Aufbau der Systeme, geht dabei auf den Umgang mit den Trainingsdaten ein und sorgt so für Vertrauen in die Anwendung von KI im medizinischen Bereich.
- Klimafreundlich spülen: Es gibt viele Möglichkeiten, mit dem Geschirrspüler weniger Strom und Wasser zu verbrauchen. Nicht vorspülen, Öko- statt Kurzprogramm wählen sowie effiziente Geräte in der richtigen Größe kaufen und dabei auf das EU-Energielabel – gemessen nach DIN EN 60436 (VDE 0705-436) – achten. Übrigens: Eine Studie der Universität Bonn von 2021 zum Geschirrspülverhalten europäischer Verbraucher hat ermittelt, dass Geschirrspüler gegenüber dem Handabwasch durchschnittlich 50 Prozent Wasser einsparen – und 28 Prozent des Stroms.
- Sauberes Trinkwasser: Der Klimawandel führt in Deutschland zu Wasserverlusten – mit Folgen auch für das Trinkwasser. Ziel der VDI 6023 ist es, die einwandfreie Trinkwasserqualität in der Trinkwasser-Installation zu bewahren. Dazu braucht es eine Verständigung aller Partner bei Planung, Erstellung, Betrieb und Instandhaltung.
Normung ist Teamwork
Erarbeitet werden diese technischen Regeln von Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. Gemeinsam entscheiden sie, welche Normen notwendig sind und was sie beinhalten sollen. Technische Regelsetzer wie DIN, DKE und VDI steuern den Prozess der Erstellung und Veröffentlichung. Übrigens: Mitmachen ist ganz einfach. Alle an einem Thema interessierten Kreise erhalten die Möglichkeit, mitzuwirken und ihre Expertise einzubringen. Vor der Verabschiedung werden die Norm-Entwürfe öffentlich gemacht und zur Diskussion gestellt. Gemeinsam mit den Fachleuten sorgen die Regelsetzer dafür, dass die Normen immer auf dem aktuellen Stand der Technik sind.
Über DIN
Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN)ist die unabhängige Plattform für Normung und Standardisierung in Deutschland und weltweit. Als Partner von Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft trägt DIN wesentlich dazu bei, die Marktfähigkeit von innovativen Lösungen durch Standardisierung zu unterstützen – sei es in Themenfeldern rund um die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft oder im Rahmen von Forschungsprojekten. Rund 36.500 Expert*innen aus Wirtschaft und Forschung, von Verbraucherseite und der öffentlichen Hand bringen ihr Fachwissen in den Normungsprozess ein, den DIN als privatwirtschaftlich organisierter Projektmanager steuert. Die Ergebnisse sind marktgerechte Normen und Standards, die den weltweiten Handel fördern und der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, dem Schutz der Gesellschaft und Umwelt sowie der Sicherheit und Verständigung dienen. DIN vertritt die deutschen Interessen im Europäischen Komitee für Normung (CEN) und in der Internationalen Normungsorganisation (ISO). Weitere Informationen unter www.din.de.
Über DKE
Die vom VDE getragene DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) ist die Plattform für rund 9.000 Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zur Erarbeitung von Normen, Standards und Sicherheitsbestimmungen für die Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. Normen unterstützen den weltweiten Handel und dienen u. a. der Sicherheit, Interoperabilität und Funktionalität von Produkten und Anlagen. Als Kompetenzzentrum für elektrotechnische Normung vertritt die DKE die Interessen der deutschen Wirtschaft in europäischen (CENELEC, ETSI) und internationalen Normenorganisationen (IEC). Darüber hinaus erbringt die DKE umfangreiche Dienstleistungen rund um die Normung und das VDE Vorschriftenwerk. Mehr Informationen unter www.dke.de.
Über VDI
Seit mehr als 165 Jahren gibt der VDI wichtige Impulse für den technischen Fortschritt. Mit seiner einzigartigen Community und seiner enormen Vielfalt ist er Gestalter, Wissensmultiplikator, drittgrößter technischer Regelsetzer und Vermittler zwischen Technik und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Er motiviert Menschen, die Grenzen des Möglichen zu verschieben, setzt Standards für nachhaltige Innovationen und leistet einen wichtigen Beitrag, um Fortschritt und Wohlstand in Deutschland zu sichern. Der VDI gestaltet die Welt von morgen – als Schnittstelle zwischen Ingenieur*innen, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. In seinem einzigartigen multidisziplinären Netzwerk mit mehr als 135.000 Mitgliedern bündelt er das Wissen und die Kompetenzen, die nötig sind, um den Weg in die Zukunft zu gestalten.
Informationen zum VDI-Fokusthema Zirkuläre Wertschöpfung unter www.vdi.de/zirkulaere-wertschoepfung.