Studierendenzahlen in Ingenieurstudiengängen steigen trotz Corona
Die Zahl der Studierenden in der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften ist trotz der Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutschen Hochschulen gestiegen. Obwohl einzelne Fächer einen Rückgang zu verzeichnen haben, ist die Gesamtzahl der Studierenden weiter steigend. Damit setzt sich ein Langzeittrend fort.
„Die Ingenieurwissenschaften blicken bei der Entwicklung der Studierendenzahlen auf eine stabile Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau mit konstant steigender Tendenz“, stellt Ingo Rauhut fest, im VDI zuständig für die Studierenden- und Arbeitsmarktstatistik. „Mit Ausnahme der Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften kann keine Fächergruppe auf eine solch positive Entwicklung blicken.“
Die Studierendenzahlen innerhalb der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften sind im Studienjahr 2020/21 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trotz Corona um knapp 8.000 gestiegen. Dabei ist in den letzten Jahren eine strukturelle Verschiebung zwischen den einzelnen Studienfächern zu beobachten. So hat das klassische Ingenieurfach Maschinenbau/Verfahrenstechnik 2020 eine um knapp 22 Prozent geringere Studierendenzahl im Vergleich zu 2014. Im gleichen Zeitraum nahm die Zahl der Studierenden in der Informatik um 26 Prozent zu.
Bundesländer haben Regelstudienzeit wegen Corona erhöht
„Die genauen Ursachen dieser Bewegungen sind schwer zu identifizieren“, so der Arbeitsmarktexperte Rauhut. „Man kann vermuten, dass der Anstieg in der Informatik in Teilen zu Lasten der klassischen Fächer geht. Zudem können Faktoren wie die Debatte um Nachhaltigkeit sich auf das Image einzelner Branchen auswirken, was sich dann auf die Studierendenzahlen auswirkt.“
Eine Entwicklung, die kritisch zu beobachten sei, so Rauhut, sei der Rückgang bei der Zahl der Absolvent*innen. Mit 71.469 Erstabsolventinnen und -absolventen haben 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum knapp 5.000 Studierende weniger ihren ersten (Bachelor-)Abschluss gemacht. „Hier liegen die ungünstigen Studienbedingungen aufgrund der Corona-Pandemie auf der Hand“, führt Rauhut aus. „Die Bundesländer haben darauf reagiert und die Regelstudienzeit erhöht“.
Die Zahl der Studienanfänger*innen im 1. Fachsemester hat zwar ebenfalls um knapp 11.000 abgenommen, bewegt sich aber mit 228.000 immer noch auf einem hohen Niveau. Die Zahl der Studienanfängerinnen im 1. Fachsemester hat dabei weit weniger stark abgenommen als die der Studienanfänger, sodass der Anteil weiblicher Studierender in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften über alle Fächer eher zugenommen hat.
Hohes Ansehen und gute Qualität der Ingenieurausbildung in Deutschland
Das Interesse an der Ingenieurausbildung in Deutschland ist trotz Corona ungebrochen. Dies drückt sich in der steigenden Zahl der ausländischen Studierenden aus, die besonders in den Ingenieurwissenschaften an deutschen Hochschulen eine relevante Größe darstellt. So ist die Zahl der ausländischen Studierenden in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften seit 2013 kontinuierlich von knapp 67.000 auf knapp 137.000 im Jahr 2020 angestiegen. „Das ist ein Beleg für das hohe Ansehen und die Qualität der Ingenieurausbildung an deutschen Hochschulen“, kommentiert Dr. Thomas Kiefer, Referent für internationale Berufspolitik im VDI. „Nun gilt es vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels, die hier ausgebildeten ausländischen Ingenieur*innen zum Verbleib in Deutschland zu bewegen. Dazu müssen wir unter anderem an unserer Willkommenskultur arbeiten.“
Der VDI analysiert die Gesamtentwicklung der Studierendenzahlen in den Ingenieurfächern seit vielen Jahren kontinuierlich. Die sich aus der Analyse ergebenden Fragestellungen bilden eine der Grundlagen für die Arbeit, die wir in unseren Expertengremien leisten, zum Beispiel im Fachbeirat Ingenieurausbildung.
Autor: Ingo Rauhut
Fachlicher Ansprechpartner:
Ingo Rauhut
Geschäftsführer VDI-Fachbeirat Beruf und Arbeitsmarkt
E-Mail: rauhut@vdi.de