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Antriebe und alternative Kraftstoffe

Nachhaltige Mobilität im Koalitionsvertrag

Bild: Solveig Been/Shutterstock.com

Das Kabinett Scholz hat sich zahlreiche Ziele in seinem Koalitionsvertrag gesetzt, die in diesem Artikel den Botschaften und Zielsetzungen des VDI e.V. und insbesondere der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik zum Themenfeld Antriebe und alternative Kraftstoffe gegenübergestellt werden.

Mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen zählen die Verkehrs- und Mobilitätspolitik sowie deren wirtschafts-, umwelt- und forschungs- sowie innovationspolitische Implikationen zu den entscheidenden Handlungsfeldern der aktuellen Legislaturperiode. So sieht es der VDI in einer Publikation zu den politischen Handlungsfeldern für die neue Regierung. Dabei spielen neue Technologien bei allen Verkehrsträgern eine genauso wichtige Rolle, wie die Umsetzung einer klimafreundlichen Mobilität auf der Straße, der Schiene, in der Luft und auf dem Wasser. Für eine treibhausgasneutrale Mobilität der Zukunft ist außerdem ein Umdenken bei allen Verkehrsträgern notwendig. Einen wichtigen Bereich stellen dabei die unterschiedliche Antriebstechnologien dar, so der VDI rund um den Deutschen Ingenieurtag 2020. Die Pläne der 24. Deutschen Bundesregierung zum Themenfeld Antriebe und alternative Kraftstoffe werden vom VDI durchweg positiv bewertet, da sie in weiten Teilen den Empfehlungen für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft des VDI entsprechen.

Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen im Verkehrssektor deutlich reduziert werden. Das wird nur gelingen, wenn Politik und Wirtschaft hinsichtlich der Fahrzeugantriebe einen technologieoffenen Ansatz verfolgen, so der Ansatz des VDI.

Alternativen für die Verkehrsträger Schiene, Luft und Wasser

Handlungsbedarf besteht nach Ansicht des VDI - neben Straßenfahrzeugen - auch bei Schienenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen, auf alternative Antriebe und Energieträger zu setzen und entsprechend einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Eine Bereitstellung erneuerbarer Energie und treibhausgasneutraler Energieträger in ausreichenden Mengen ist hier zwingend notwendig, sodass sich die entsprechenden Technologien für diese Verkehrsträger  durchsetzen können.

Aufgrund ihrer Vergleichbarkeit (zum Beispiel Lebensdauer, Bedarf nach Kraftstoffen mit hoher Energiedichte für lange Strecken) werden die Pläne des Kabinetts Scholz für die Verkehrsträger Schiene, Luft und Wasser gemeinsam in einer Tabelle zusammengefasst.

  • Bis 2030 wollen wir 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren und innovative Antriebstechnologien unterstützen.
  • Wir unterstützen die Erforschung und den Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen, die klimaneutrales Fliegen ermöglichen […] und stärken die Forschung zum Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe [...]
  • Deutschland soll Vorreiter beim CO2-neutralen Fliegen werden […]
  • Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer werden wir für die Förderung von Produktion und Einsatz von CO2-neutralen strombasierten Flugkraftstoffen […] einsetzen.
  • Wir unterstützen ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im Luftverkehr […], um einen Markthochlauf anzureizen.
  • Bis 2030 wollen wir 75 Prozent des Schienennetzes elektrifizieren und innovative Antriebstechnologien unterstützen.
  • Durch Innovation und Technologieführerschaft sorgen wir für eine wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft in Deutschland, insbesondere bei klimafreundlichen Schiffsantrieben.
  • Wir unterstützen ambitionierte Quoten für Power-to-Liquid (PtL-Quoten) im […] Schiffsverkehr, um einen Markthochlauf anzureizen.
  • Wir werden Landstrom und alternative Antriebe und Kraftstoffe fördern.
  • Wir werden das Flottenerneuerungsprogramm für die klimafreundliche Binnenschifffahrt anpassen.

Eine weitere Elektrifizierung von Bahnstrecken und die Offenheit für die Anwendung alternativer Antriebstechnologien auf der Schiene werden in Gänze vom VDI unterstützt. Sehr ähnlich sieht es bei der Luft- und der Schifffahrt aus. Hier stehen laut VDI insbesondere synthetische Kraftstoffe im Fokus der CO2-Senkungsbemühungen, was im Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP ebenso gesehen wird. Für die Verkehrsträger Luft und Wasser werden im Koalitionsvertrag insbesondere auch Flottenmodernisierungen als wichtige Werkzeuge einer durchgreifenden Antriebswende genannt. Flottenerneuerungsprogramme für Luft- und Schifffahrt werden vom VDI begrüßt, öffnen diese nämlich den Markthochlauf moderner Antriebstechnologie der drei Verkehrsträger. Ohne Flottenerneuerung würde es aufgrund der langen Nutzungsdauer der Fahr- bzw. Flugzeuge im Vergleich zu beispielsweise Straßenfahrzeugen signifikant länger dauern, umweltfreundlichere Technologien in den Umlauf zu bringen.

Für eine CO2-neutrale Realisierung der Verkehrsleistung in den genannten drei Sektoren sind synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen unerlässlich. Zusätzlich zu den vorsichtigeren Formulierungen im Koalitionsvertrag fordert der VDI in seiner Zukunftsagenda - Empfehlungen für die 20. Legislaturperiode die zeitnahe Schaffung und den Ausbau der Erzeugungskapazitäten für eine ausreichende Bereitstellung von grünem Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen für alle Verkehrsträger. Die im Koalitionsvertrag angekündigten „ambitionierten Quoten für PtL“ und das Einsetzen von Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer für Produktion und Einsatz derselben werden vom VDI daher besonders begrüßt. Beim Schiffsverkehr ist in Hafenanlagen eine Versorgung über Landstrom überfällig. Diese Maßnahme wird daher ebenfalls begrüßt.

Alternativen für den Verkehrsträger Straße

Die Ziele aus dem Koalitionsvertrag zum Verkehrsträger Straße sind nachfolgend dargestellt:

  • Wir unterstützen die Transformation des Automobilsektors, um die Klimaziele im Verkehrsbereich zu erreichen […]. Wir machen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität […] und beschleunigen massiv den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur.  
     
  • Unser Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030.
  • […] die Ansiedelung weiterer Zellproduktionsstandorte einschließlich Recycling in Deutschland sind von zentraler Bedeutung
     
  • […] Stärkung der Forschung an neuen nachhaltigen Batterie-Generationen […]
     
  • […] 2035 (werden) nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss dem Bedarf vorausgehen. Wir werden deshalb den vorauslaufenden Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglichen Ladepunkten bis 2030 […] beschleunigen.

Zahlreiche Veröffentlichungen des VDI thematisieren die Antriebswende im Straßenverkehr, auf deren Kernbotschaften im Folgenden eingegangen wird. Aufgrund der Ergebnisse einer VDI-Studie, für die Pkws mit verschiedenen Antriebssystemen mit Blick auf ihren gesamtem Lebenszyklus verglichen wurden, mahnte der VDI zur Technologieoffenheit bei den Antriebssystemen. Auf Basis der Studie ist für die CO2-Reduktion kein Antriebssystem einem anderen überlegen. Ein komplementäres Miteinander der Antriebssysteme leistet mit CO2-neutralen Energieträgern einen signifikanten Beitrag, die CO2-Ziele bis 2030 zu erreichen. Eine Fortschreibung dieser Studie ist aktuell in Erarbeitung. Diese Technologieoffenheit sieht der VDI ausreichend im Koalitionsvertrag berücksichtigt. Auch die Stärkung der Forschung an neuen Batterietechnologien und der angekündigte Ausbau der Ladeinfrastruktur wird aus genannten Gründen vom VDI sehr begrüßt. Denn für eine weitreichende Nutzung batterieelektrischer Antriebe sieht der VDI weiterhin folgende zentrale Handlungsfelder:

  1. eine CO2-neutrale Batterieproduktion,
  2. ein weiterer Ausbau der benötigen Ladeinfrastruktur und
  3. ein Batterierecyling im industriellen Maßstab.

Die ressourcenintensive Rohstoffgewinnung und Herstellung sorgen bei Batteriefahrzeugen heute noch für einen CO2-Fußabdruck, der während der Nutzungsphase des Fahrzeugs durch erneuerbaren Strom kompensiert werden muss. Eine drängende Herausforderung ist es, Kreisläufe in der Elektromobilität zu schließen. Nur ein großflächiges Batterierecycling kann nach aktuellem Wissensstand die benötigten Ressourcen langfristig als Rohstoffquelle zur Verfügung stellen und damit einen Versorgungsengpass vermeiden. Diesen Punkt muss auch die 24. Deutsche Bundesregierung deutlich im Blick behalten. Allgemeine Informationen zur Elektromobilität mit einem Vergleich von Brennstoffzellenfahrzeugen und batterieelektrischen Pkw finden sich in der VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge​​​​​​​. Weitergehende Informationen zu Alternativen beim Nutzfahrzeug finden sich in der VDI/VDE-Studie "Klimafreundliche Nutzfahrzeuge".

Ein aus Sicht des VDI drängendes Thema sind die sogenannten E-Fuels. Selbst mit dem vom Kabinett Scholz festgeschrieben Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bei gleichzeitiger Annahme fehlender Neuverkäufe von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben würden nach Analyse der Daten des Kraftfahrtbundesamts von dem aktuellen Bestand (48 Millionen Pkw, 5,5 Millionen Lkw) noch mehr als 35 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2030 mit verbrennungsmotorischem Antrieb fahren. Deren CO2-Emissionen lassen sich nur über Einführung von nachhaltig erzeugten Kraftstoffen (e-Fuels) reduzieren.

Autoren: Christof Kerkhoff, Simon Jäckel

Ansprechpartner im VDI:
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik

Dipl.-Ing. Christof Kerkhoff
E-Mail-Adresse: kerkhoff@vdi.de

Dipl.-Ing. Simon Jäckel
E-Mail-Adresse: jaeckel@vdi.de 

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