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Ingenieur*innen aus dem Ausland

Hoher Bedarf, hohe Hürden

Bild: Andrii Yalanskyi/Shutterstock.com

Der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung für Unternehmen in Deutschland. Der regelmäßig erscheinende VDI/IW-Ingenieurmonitor zeigt: die kurze Verschnaufpause durch Corona ist vorbei und die Engpässe in den Ingenieurberufen nehmen wieder zu. Eine zentrale Maßnahme um den Fachkräftemangel auf dem Ingenieurarbeitsmarkt abzumildern, muss die Zuwanderung ausländischer Ingenieurinnen und Ingenieure sein. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus dem Jahr 2020 war dabei ein erster Schritt in die richtige Richtung.

ZUWANDERUNGSRECHT VEREINHEITLICHEN – TRANSPARENZ ERHÖHEN

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz bündelt eine Reihe von Möglichkeiten für qualifizierte Fachkräfte, um nach Deutschland zuzuwandern. Die hohe Komplexität der Zuwanderungsmöglichkeiten – über 40 an den Beschäftigungsformen orientierte Einzelregelungen mit 30 teils unterschiedlich definierten Kriterien – gepaart mit einer Nachfrageorientierung bedeuten weiterhin hohe Hürden für eine Zuwanderung. Und dass obwohl wir dringend qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland benötigen. „In der Regel muss man einen Arbeitsvertrag mit einem deutschen Unternehmen bereits in der Tasche haben, bevor man nach Deutschland einwandern darf“, so Ingo Rauhut, Arbeitsmarktexperte des VDI. In der Realität finde man aber erst vor Ort einen passenden Job. Ein Teufelskreis, den die sechsmonatigen Visa zur Arbeitsplatzsuche kaum durchbrechen können.

Angebotsorientierte Elemente der Zuwanderung nutzen

Der VDI fordert daher, das bestehende Zuwanderungssystem sinnvoll durch angebotsorientierte Elemente zu ergänzen. So könnten angebotsorientierte Systeme der Fachkräftezuwanderung jährlich ein zu bestimmendes Zuwanderungskontingent nach bestimmten Kriterien auswählen. Diese können zum Beispiel Alter, Qualifikation, Berufserfahrung, gegebenenfalls Arbeitsplatzzusage oder ähnliches sein.

Sind diese Kriterien erfüllt, werden entsprechend Punkte vergeben. Erreicht die Person eine zuvor definierte Mindestpunktzahl, wird sie für das betreffende Einwanderungsland zugelassen. Es besteht damit die Möglichkeit einzuwandern, auch ohne ein festes Arbeitsplatzangebot. Trotzdem können je nach Gewichtung der Punktevergabe unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden und so kann die Struktur der Einwandernden mitbestimmt werden. Beispielsweise mit dem Kriterium „Alter“ auf demografische Ziele oder auf bestimmte Qualifikationen mit Blick auf Bedarfe am Arbeitsmarkt.

Anerkennungsverfahren vereinfachen

Neben deutschen Sprachkenntnissen ist die Anerkennung mitgebrachter beruflicher Qualifikationen ausländischer Fachkräfte entscheidend für die erfolgreiche Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Um Deutschland für Fachkräfte aus aller Welt attraktiver zu machen, müssen Gleichwertigkeitsprüfungen der beruflichen bzw. akademischen Qualifikationen möglichst schnell und unkompliziert durchgeführt werden. 

„In der Praxis führen Einzelfallprüfungen bei Anerkennungsverfahren bisher immer wieder zu kaum nachvollziehbaren Verzögerungen. Von hoher Bedeutung ist, dass durch eine Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ein Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels geleistet wird, aber gleichzeitig auch Qualitätsstandards gewahrt bleiben“, sagt Dr. Thomas Kiefer, Referent für Internationale Berufspolitik beim VDI. Dabei müsse einer uneinheitlichen Rechtsauslegung entgegengewirkt werden, beispielsweise durch zentrale Eingangs- und Bearbeitungsstellen, die sich auf zügige Anerkennungsverfahren spezialisieren. Zum anderen müsse die für die Gleichwertigkeitsfeststellung zuständige Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) gestärkt werden.

Ausländische Fachkräfte gewinnen und halten

Um Fachkräfte langfristig erfolgreich zu gewinnen, ist es wichtig die einwandernden Menschen in Deutschland zu integrieren. Hierbei müssen die vorhandenen kulturellen Unterschiede berücksichtigt werden – unabhängig davon, ob die zuwandernden Menschen aus der Europäischen Union oder aus Drittstaaten außerhalb der EU kommen. Diese Aufgabe allein in die Hände der Zuwandernden zu legen oder die Unternehmen allein mit dieser Aufgabe zu betrauen, erhöht die Gefahr des langfristigen Scheiterns der Fachkräftezuwanderung.

Wir als VDI sind uns unserer zivilgesellschaftlichen Verantwortung bewusst und arbeiten an der Entwicklung eines Werkzeugkoffers, der unseren Regionalorganisationen bei der Unterstützung der Integration von Ingenieurinnen und Ingenieuren aus dem Ausland helfen kann.

Autoren & Ansprechpartner:

Dr. Thomas Kiefer
Internationale Berufspolitik und Technische Bildung
E-Mail: kiefer@vdi.de

Ingo Rauhut
Geschäftsführer Fachbeirat Beruf und Arbeitsmarkt
E-Mail: rauhut@vdi.de

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