„Forschungsförderung ist jetzt ein Rechtsanspruch“
Dr. Andreas Hoffknecht ist der Leiter der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ). Im Interview erklärt er, warum die steuerliche Forschungsförderung ein Booster für die Förderung von Forschung und Entwicklung in Deutschland ist und wie Unternehmen diesen nutzen können.
VDI: Zum 01.01.2020 ist das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung in Kraft getreten – ein Novum für die deutsche Förderlandschaft. Es wird erwartet, dass 5,6 Milliarden Euro an zusätzlicher Unterstützung für forschende und entwickelnde Unternehmen in den Jahren 2021 – 2024 zusätzlich abgerufen werden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollen diese Mittel nutzen, um in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Herr Hoffknecht, wie stärkt das Gesetz denn diese Unternehmen genau?
Deutschland ist das Land der innovativen Unternehmen und Hidden Champions. Viele neue Ideen werden jedoch nie umgesetzt. Gerade für kleine Unternehmen stellt die dazu notwendige Forschung und Entwicklung ein zu großes finanzielles Risiko dar; oft kann sich auch kein eigenes FuE-Personal geleistet werden. Die Zulage reduziert dieses Risiko.
Zu den förderfähigen Aufwendungen zählen Arbeitslöhne, Eigenleistungen für Einzelunternehmer sowie 60 Prozent des gezahlten Entgelts für in Auftrag gegebene FuE-Tätigkeiten. Das finanzielle Risiko mindert sich und in Folge traut sich das Unternehmen die Entwicklung des neuen Verfahrens zu.
VDI: Gibt es zu diesem Zweck denn nicht schon die klassische Projektförderung?
Die verschiedenen Angebote der Projektförderung sind ein starker Motor für den Investitionsstandort Deutschland. Die steuerliche Forschungsförderung können Sie sich dazu als einen Booster vorstellen, der zusätzliche Kraft verleiht. Das Gesetz schafft Möglichkeiten zur Förderung, die es vorher nicht gab. Zudem ist es speziell an den Bedürfnissen von KMU ausgerichtet: unbürokratisch, themenoffen und in der Beantragung zeitlich flexibel. Doch die größte Neuerung: Forschungsförderung ist jetzt ein Rechtsanspruch.
VDI: In Deutschland gibt es gut 3,2 Millionen Unternehmen, davon hat jedes einzelne einen Anspruch auf Förderung?
Grundsätzlich gibt es keine Einschränkungen für Branchen oder Themen. Entscheidend ist, dass geforscht oder entwickelt wird. Darunter fallen aktuell über 50.000 Unternehmen mit einem Forschungsvolumen von rund 75,6 Milliarden Euro.
"Jedes FuE-Projekt kann gefördert werden"
VDI: Und spätestens dann sollte ein betreffendes Unternehmen wohl darüber nachdenken, einen Antrag bei Ihrer Bescheinigungsstelle einzureichen.
Genau! Die große Stärke der steuerlichen Forschungsförderung ist ihre Flexibilität: Gefördert wird eigenbetriebliche Forschung, Auftragsforschung sowie Forschung in Kooperation mit anderen Unternehmen, Hochschulen oder Forschungseinrichtungen. Ganz egal ob es sich um Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung handelt. Oder kurz: Jedes FuE-Projekt kann gefördert werden.
VDI: Wo und wie stellen Unternehmen den Antrag auf Forschungszulage?
Das Verfahren wurde möglichst einfach und unbürokratisch gestaltet; es galt aber auch einige Vorgaben der EU-Kommission zu berücksichtigen. Es ist wichtig zu verstehen, dass zwei Anträge gestellt werden müssen: Einen ersten Antrag auf die FuE-Bescheinigung bei der BSFZ. Einen zweiten Antrag auf Forschungszulage beim zuständigen Finanzamt. Darauf basierend prüfen wir in der BSFZ die Förderberechtigung.
VDI: Warum diese Trennung zwischen Finanzamt und Bescheinigungsstelle?
Dem Gesetzgebenden war es wichtig, diese Stellen zu entkoppeln, um die sachgerechte Prüfung der Anträge zu gewährleisten. Daher wurde unter der Verantwortung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die BSFZ ins Leben gerufen. Sie wird im Konsortium von drei erfahrenen Projektträgern betrieben, der VDI Technologiezentrum GmbH, der AiF Projektträger GmbH und dem DLR Projektträger.
Dr. Andreas Hoffknecht ist der Leiter der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ).
Interview: Stephan Berends
Lesen Sie das komplette Interview in MeinVDI.
Hören Sie hierzu auch den VDI-Podcast "Ein Hebel für mehr Innovation: Die steuerliche Forschungsförderung", mit Dr. Andreas Hoffknecht am 01.07.2021.