Einsatz von Glyphosat im Ackerbau
Die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln wurde durch die EU-Kommission um zehn Jahre verlängert. Glyphosat ist das meistgenutzte Unkrautvernichtungsmittel weltweit, seine Anwendung ist umstritten. Was bedeutet die Zulassungsverlängerung für Landwirtschaft und Umwelt und gibt es Alternativen?
VDI: Wie ist die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung zu bewerten?
Andreas Herrmann: Die erneute Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat durch die EU-Kommission für die Anwendung in der Landwirtschaft hat entgegen der allgemeinen öffentlichen Diskussion auch positive Aspekte.
Die für Glyphosat federführende Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte im Juli aus wissenschaftlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine erneute Zulassung vorgebracht. Bei einer Risikobewertung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt wurden von der Behörde keine kritischen Problembereiche festgestellt. In das Ergebnis war auch die Bewertung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) aus dem Vorjahr eingeflossen. Die EFSA wies – wie allerdings in der Regel auch bei anderen Pflanzenschutzmitteln üblich – auf Datenlücken hin. Hierzu gehörten Aspekte des ernährungsbedingten Risikos für die Verbraucher sowie die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Gleiches gelte für das Thema Biodiversität.
Auf dem Pflanzenschutzmittelmarkt gibt es Produkte, deren umweltrelevanter Bezug ähnlich oder stärker kritisch bewertet werden muss als der Einsatz von Glyphosat. Ein Verbot des Wirkstoffs müsste logischerweise dazu führen, dass auch viele andere Pflanzenschutzmittel sofort vom Markt genommen werden müssen.
Was spricht für und was gegen den Einsatz des Mittels?
Für den Einsatz von Glyphosat spricht die Ungefährlichkeit und schnelle Abbaubarkeit des Mittels. Vitale Unkräuter konnten in der Vergangenheit oft nur durch tiefes Pflügen eingedämmt werden. Die wendende Bodenbearbeitung bewirkt allerdings bei einigen Unkräutern nur eine unzureichende Reduzierung und verursacht andererseits einen hohen Energieaufwand (ca. 30 Prozent des Kraftstoffverbrauchs im Produktionsverfahren wird für das Pflügen aufgewendet).
Die Anwendung von Glyphosaten erleichtert die Umstellung auf konservierende Bodenbearbeitung oder gar auf die Direktsaat. Dadurch wird nicht nur der CO2-Ausstoß reduziert, sondern durch die Bedeckung des Bodens mit Ernte- und Wurzelrückständen auch die Wind- und Wassererosion vermindert. Mit Hilfe der Glyphosate können in diesen Verfahren schwer bekämpfbare Unkräuter, wie Ackerfuchsschwanz, Trespenarten und Disteln, aber auch ausdauernde Ungräser wie Quecke, sehr effektiv bei Vermeidung des Einsatzes weiterer Pflanzenschutzmittel reduziert werden.
Zukünftig sollte dafür gesorgt werden, dass Anwendungen von Glyphosaten, die potenziell zu Rückständen im Erntegut führen können, beispielsweise der Einsatz in der Braugerste, stärker reguliert werden. Problematisch ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch unsachgemäße Anwendung wohl am ehesten im privaten Bereich. Hier könnte ein 'Sachkundenachweis Pflanzenschutz' Voraussetzung für deren Nutzung sein.
Der Einsatz bis 2033 ist mit Einschränkungen verbunden. Unter anderem sollen Landwirte mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Ist das ausreichend?
Die Beschränkungen sind ausreichend. Nur wenn die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien andere, kritische Eckpunkte aufzeigen, sollte stärker reagiert beziehungsweise reguliert werden.
Ist Glyphosat heute tatsächlich noch gefährlich für die Umwelt und die Gesundheit? Was hat sich verändert? Woran wurde und wird geforscht?
Laut den vorliegenden wissenschaftlichen Studien ist Glyphosat nicht gefährlich für Umwelt und Gesundheit. Auch die Formulierungsbestandteile des Produktes RoundUp werden weiter optimiert, so dass Umwelt und Gesundheit auch aus diesem Blickwinkel nicht gefährdet sind. Ähnlich wie der Wirkstoff unterliegen auch die Formulierungen bzw. die Wirkstoff-Formulierungskombination der amtlichen Zulassung.
Was kommt nach Glyphosat? Gibt es alternativen Methoden?
Eine seriöse Beantwortung dieser Frage hieße sicherlich, den Blick in die Glaskugel richtig interpretieren zu können. Tendenzen des zukünftigen Ackerbaus sind dennoch absehbar. Die Klimakrise ist aktuell und in den nächsten Jahren die größte Herausforderung. Deutschland soll bereits 2045 klimaneutral sein. Das stellt auch an die Landwirtschaft enorm hohe Anforderungen. Der Selbstversorgungsgedanke der Europäischen Staaten wird sicherlich zur Gewährleistung der Ernährungssichert insbesondere bei den Hauptfruchtarten weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel wird wohl auch zukünftig einen wichtigen Platz in der konventionellen Landwirtschaft einnehmen. Die Entwicklung eines Pflanzenschutzmittels dauert vom Screening bis zur Vermarktung 10 bis 12 Jahre. Ein Kandidat muss die hohen Hürden der Zulassungsbehörden absolvieren. Glyphosat hat die Nachweise erbracht, potenzielle Wirkstoffe müssen diese noch leisten.
Zukünftig sollte die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln gezielter und möglichst auch pflanzenindividuell erfolgen. Smart Farming entwickelt Lösungen in diese Richtung. Primat sollten im täglichen Geschäft ackerbauliche und Fruchtfolgemaßnahmen haben. Hier muss gewährleistet sein, dass die angebauten Früchte vom Markt akzeptiert und zu kostendeckenden Preisen abgenommen werden. Mittelfristig kann die Züchtung krankheitsresistentere Pflanzen hervorbringen. Mechanische und physikalische Verfahren werden zur Unkrautregulierung zukünftig wieder einen größeren Stellenwert einnehmen, aber den chemischen Pflanzenschutz nicht ersetzen können.
Interview: Sarah Janczura
Anprechpartner im VDI:
Dr. Andreas Herrmann
VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik
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