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Was sind die Voraussetzungen?

Additive Manufacturing geht in Serie

Bild: EOS

Die additive Fertigung hat ihren Platz in der Produktentwicklung, im Werkzeugbau, in der Ersatzteillogistik und bei der Fertigung von Unikaten und Kleinserien gefunden. Nun werden die Voraussetzungen für den Serieneinsatz geschaffen.

Für die Produktion von Serienbauteilen ist mehr als nur eine zuverlässig funktionierende Fertigungsanlage erforderlich. Ausgangsmaterialien müssen der Maschine zugeführt und fertige Bauteile entnommen, weitertransportiert und gegebenenfalls weiterverarbeitet werden. Die Anlage muss in einer definierten Umgebung von geschultem Personal betrieben werden. Die Wartungsintervalle der Anlage und der Peripherie sollten so aufeinander abgestimmt sein, dass die Produktion nicht ständig wegen „irgendetwas“ stillsteht. Wenn Einzelstücke, stellen wir uns Zahnprothesen vor, in Serie gefertigt werden, muss in jedem Verarbeitungsschritt die eindeutige Zuordnung des Einzelstücks zum jeweiligen Auftrag möglich sein.

Zur Analyse von Beanstandungen oder auch schlicht aufgrund von Vorgaben der Anwenderbranche müssen die Rahmenbedingungen und Fertigungsparameter für jedes Produkt protokolliert werden und rückverfolgbar bleiben. Das bis jetzt Gesagte ist noch nicht spezifisch für die additive Fertigung (Additive Manufacturing, AM). Es könnte z. B. auch für das Fräsen von individuell vermessenen Brillengläsern gelten. Bei der additiven Fertigung kommen jedoch ein paar Besonderheiten hinzu:

  • Während die Eigenschaften von üblichen Stahllegierungen oder Kunststoffen als Volumenmaterial bekannt und teils genormt sind, bestimmen die Parameter bei der Verarbeitung in der AM-Maschine die Materialeigenschaften des resultierenden Bauteils wesentlich. In der Serienproduktion gilt es, diesen Freiheitsgrad zu minimieren und gleichbleibende Qualität zu liefern.
  • Die Toleranzen sind größer als bei vielen etablierten Verfahren.
  • Die mechanischen Eigenschaften von Bauteilen sind anisotrop und hängen von der Baurichtung ab.
  • Die Prozesskette vom CAD-Design zum fertigen Bauteil ist komplett digital und erzeugt sehr große Datenmengen.

Verschiedene technische Regelsetzungen bieten Hilfestellung

Es gibt einige Herausforderungen, wenn es darum geht, AM serientauglich zu machen. Dass daran mit Hochdruck gearbeitet wird, erkennt man auch daran, dass immer mehr technische Regeln dafür zur Verfügung stehen. Sie unterstützen dabei, Qualitätsniveaus vergleichbar zu beschreiben, Anforderungen zu spezifizieren, den sicheren Betrieb der Anlagen zu gewährleisten oder Ausgangsmaterialien zu charakterisieren. Die Richtlinienreihe VDI 3405 – Additive Fertigungsverfahren  bietet zu vielen für die Serienproduktion relevanten Themen bereits wichtige Hilfestellungen. Zuletzt sind drei neue Richtlinienblätter dazugekommen, die alle die industrielle Produktion im Fokus haben:

  • VDI 3405 Blatt 2.6 wurde für das Laser-Strahlschmelzen/PBF-LB von Metallen entwickelt. Die Richtlinie beschreibt, wie die Rahmenbedingungen bei der Ermittlung von Werkstoffkennwerten für Materialdatenblätter zu dokumentieren sind. Durch diese Transparenz wird die Ausweisung von Werkstoffkennwerten einheitlich und damit besser vergleichbar. 
  • VDI 3405 Blatt 4.1 wurde für die Materialextrusion von Kunststoffbauteilen erstellt und beschreibt, wie das Filament zu charakterisieren ist. Nur, wenn die Eigenschaften des Filaments und die Maschinenparameter zueinander passen, ist eine Verarbeitung unter optimalen Bedingungen und damit eine bestmögliche Qualität realisierbar. 
  • VDI 3405 Blatt 6.2 bezieht sich auch auf die Kunststoffverarbeitung, diesmal jedoch auf das Laser-Sintern. Im Fokus steht hier die Produktionsstätte, denn es werden Maßnahmen zur Sicherung der Anwendersicherheit bei den verschiedenen Arbeitsschritten im Produktionsalltag beschrieben. 

Kein Zweifel also, AM geht in Serie. Doch ist AM in vielen Bereichen noch nicht in der Serienproduktion angekommen. Dafür sind weitere Produktivitäts-, Qualitäts- und Effizienzsteigerungen notwendig. Die technische Regelsetzung begleitet und unterstützt diesen Weg. Weitere VDI-Richtlinien sind schon in Vorbereitung, um AM als industriellen Produktionsprozess zu etablieren.

Ihr Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Erik Marquardt
VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik
Telefon: +49 211/ 6214-373
E-Mail: marquardt@vdi.de

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