VDI 2230 Systematische Berechnung hochbeanspruchter Schraubenverbindungen
Die VDI 2230 gilt weltweit als Standardwerk zur Berechnung von Schraubenverbindungen (SV). Sie stellt dem Konstrukteur und Berechnungsingenieur in Form von Rechenschritten eine systematische Vorgehensweise zur Berechnung von Schraubenverbindungen zur Seite, die ihm eine funktions- und betriebssichere Auslegung bei weitgehender Ausnutzung der Schraubentragfähigkeit ermöglicht. Dabei behandelt Blatt 1 die Einschraubenverbindungen und Blatt 2 Mehrschraubenverbindungen.
Seit dem Erscheinen der Ausgabe 2003-02 von Blatt 1 wurden bei der Anwendung der Richtlinie sowie in analytischen und numerischen Untersuchungen Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen, die sich in einer Reihe von Hinweisen, Anfragen und Änderungswünschen der Anwender ausdrückten. Diese Hinweise sowie Änderungen im internationalen Normenwerk und vor allem einige neue Forschungsergebnisse und eigene Untersuchungen und Erkenntnisse waren dem VDI-Ausschuss Anlass, die Richtlinie nochmals zu überarbeiten und zu aktualisieren. Dabei wurde sie formal der inzwischen veröffentlichten Richtlinie VDI 2230 Blatt 2 (Mehrschraubenverbindungen) angepasst.
VDI-Software zur Schraubenberechnung nach VDI 2230 Blatt 1
Bei der Berechnung zentrisch und exzentrisch verspannter Schraubenverbindungen müssen verschiedene komplexe Parameter berücksichtigt werden.
Die Software MDESIGN VDI 2230 Edition Schraubenberechnung bietet Konstrukteur*innen und Ingenieur*innen im Maschinen- und Anlagenbau die Möglichkeit, hochbeanspruchte Schraubverbindungen systematisch und richtlinienkonform zu berechnen. Die Software unterstützt die Berechnungen nach der aktuellen VDI Richtlinie.
Der gesamte Berechnungsablauf – einschließlich der Kraft- und Verformungsverhältnisse – basiert auf dem Modell einer Einschraubenverbindung. Darüber hinaus können Mehrschraubenverbindungen wie kreisförmige Kupplungsflansche berechnet werden.
Die Berechnungen basieren auf der Annahme, dass die verspannten Querschnitte eben bleiben. Ausgewählte Beispiele aus der Praxis erläutern die Vorgehensweise.
VDI-Software zur Schraubenberechnung ist über den Beuth Verlag erhältlich.
Fragen und Antworten zur Richtlinienreihe VDI 2230
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Die Inhalte von VDI-Richtlinien entstehen in Übereinstimmung mit der VDI 1000 und bilden den Konsens der Verkehrskreise ab. Sie gelten als anerkannte Regeln der Technik. Die Inhalte dieser FAQ dagegen sind rein informativ und haben nicht den Status anerkannter Regeln der Technik. Sie stellen insbesondere auch keine Rechtsberatung dar, sondern sollen als beispielhafte Fallbesprechungen Hilfestellungen für Richtlinienanwender geben. Sie können nicht die eingehende Rechtsberatung durch eine hierzu berufene Person ersetzen und sind nicht als zusätzliche oder über die Richtlinieninhalte hinausgehende Festlegungen zu verstehen.
Antwort:
Kurz vorab zur Eräuterung: F_Mzul ist die Beanspruchbarkeit der Schraube (bei drehmomentgesteuerter Montage) unter der kombinierten Beanspruchung aus Gewindemoment und Vorspannkraft. Mit dieser Größe wird die maximale Montagevorspannkraft verglichen (vgl. VDI 2230 Blatt 1, Gl. R7/3). Die maximale Montagevorspannkraft F_Mmax, oder besser gesagt die Vorspannkraft, die die Schraube maximal bei der Montage erfahren kann, ergibt sich aus der minimalen Montagevorspannkraft (als Mindestanforderung bezüglich Abheben, Gleiten, …, also das was man minimal für die Funktion der Verbindung benötigt) multipliziert mit dem Anziehfaktor (wg. Unschärfe des Montageverfahres, der Reibung, ...). F_Mmax beschreibt die Beanspruchung und F_Mzul die Beanspruchbarkeit. Die Werte für F_MTab sind letztlich konkret ausgerechnete Werte für F_M,zul („Bei 90%iger Ausnutzung der Mindeststreckgrenze R_p0,2min kann die Montagevorspannkraft F_Mzul = F_MTab aus Tabelle A1 bis Tabelle A4 entnommen werden.“ VDI 2230 Blatt 1 R7). Die in der Tabelle ebenfalls angegebenen Montagemomente ergeben sich entsprechend nach VDI 2230 Blatt 1 Gl. (R13/1).
Wenn ich Ihre Frage richtig interpretiere, dann kommen Sie sozusagen von der anderen Seite. Wenn Sie die Verbindung mit dem zu F_MTab gehörenden Montagemoment montieren, erhalten Sie in der Verbindung eine Montagevorspannkraft von F_MTab(µ_G=µ_Gmin)=F_Mzul=F_Mmax. Durch die Streuung des Montageverfahrens müssen Sie davon ausgehen, dass Sie geringere Montagevorspannkräfte erhalten können. Da F_M=F_Mzul die maximale Montagevorspannkraft abdeckt (also =F_Mmax), berechnen Sie nun die minimale über F_Mmin = F_Mmax/alpha_A. Aus F_Mmin können Sie nun mit f_Z, F_th, usw. die minimale Klemmkraft für diesen Fall abschätzen.
Antwort:
Hier die Auskunft unserer Experten im VDI-Fachausschuss:
Es handelt sich bei Tabelle A7 um ein Näherungsverfahren, dass sich in den meisten Fällen bewährt hat. Aufschluss über die Richtigkeit gibt es dann im Rechenschritt R7.
Sie sind prinzipiell richtig vorgegangen. Ihr Fall ist nun aber ein eher seltener, da vergleichsweise ähnliche Axial- und Quer- bzw. Normalkräfte vorliegen. Prüfen Sie bitte in R7, ob M10 ausreicht!
Antwort:
Sehr geehrter Herr Wille,
die Gleichungen (19) und 20) in der aktuellen Richtlinienfassung sind korrekt. Ausschlaggebend ist der Drehsinn um die Achsen und das Vorzeichen des Schraubenabstands von den Achsen, die gegenüber dem Richtlinien-Entwurf eingeführt wurden und durch S verlaufen.
Im Auftrag von Prof. Dr. Willfried Lori
Antwort:
Die Anzahl der belasteten Schraubenverbindungen nSB ist auf den jeweiligen Belastungsfall bzw. auf die jeweilige Momentenachse bezogen. Sie kann also wie in Bild 13 je Achse unterschiedlich und muss nicht gleich sein. Damit ist Gl. (25) verwendbar.
Antwort:
Sehr geehrter Herr Streicher, zu Ihren Fragen ist folgendes zu bemerken, wobei darauf zu verweisen ist, dass Sie offenbar die Version 2003 benutzen und nicht die aktuelle Version vom November 2015. Allerdings sind die Unterschiede nicht grundsätzlicher Art und haben bzgl. Ihrer Fragen keine signifikante Auswirkung.
1.) Wie immer geht man natürlich ingenieurmäßig vor: Bei Axial- und Querkräften (Schrägzug) werden die Setzbeträge für Querlast verwendet.
2.) Ein Beispiel zur Berechnung des Krafteinleitungsfaktors kann nicht geliefert werden. In der Regel wird die vereinfachte Ermittlung genutzt, Anhang C war primär für die Entwickler analytischer Berechnungssoftware gedacht.
Der Einfluss des über den Anschlusskörper eingeleiteten Momentes hängt von der Lage des Anschlussköpers ab und ist in der Regel sehr gering, was Ihre Rechnung auch zeigt. Zudem reduziert den Momenteneinleitungsfaktor noch der Abstand der Krafteinleitung l_A.
3.) Auch hier wieder „worst-case-szenario“: Keine Übertragung der Querlast durch Haftreibung, sondern vollständiger Verlust der Vorspannkraft. Die Scherfestigkeit ist entweder bekannt oder es wird das Scherfestigkeitsverhältnis verwendet. Dann muss natürlich mit Rm multipliziert werden.
Bzgl. der Lochleibung liegt der theoretische Grenzfall eines vollständigen Rutschens (z.B. infolge vorher nicht bekannter Lastspitze) bis zur Anlage in der Bohrung bei Aufrechterhaltung der Vorspannkraft zu Grunde.
4.) Parameter mit Index „0“ bedeuten, dass der kritische Querschnitt zu wählen ist, s. auch Formelzeichenverzeichnis! Alle Berechnungen wurden mit Normwerten durchgeführt. Bei den Festigkeiten ist zu beachten, dass der „min-Wert“ auch größer als der Nennwert sein kann (s. ISO 898-1)!! Bei Ihrem Beispiel M30 beträgt R_p0,2min=660 MPa. Damit ergibt sich F_MTab=300,18kN.
5.) Das Bild 5.5/4 zur Einschraubtiefe stellt den ungünstigsten Fall dar: M4, überelastisches Anziehen und Rm_max sind hier die Basis. Das Bild ist für eine Vorauswahl und Einschätzung vorhandener Lösungen gedacht.
Insofern ist es richtig, dass Ihre Rechenwerte kleiner ausfallen. Für M16 beträgt nach DIN13 d_min aber 15,682 mm (Toleranz 6H) und D_2max=14,913 mm. Für Rm_max wäre 800x1,2=960 MPa zu verwenden, C_3 wäre zu berechnen.
Mit freundlichen Grüßen
W. Lori